Interview zu Au revoir, Tegel in der RAZ

Bettina Kerwien lebt und arbeitet im grünen Norden Berlins (Bild: fle)

Tegel/Heiligensee – Vor kurzem ist in der von der Nordberliner Krimi-Ikone Horst Bosetzky erfundenen Kult-Krimi-Reihe „Es geschah in Berlin“ das neueste Buch erschienen. Es heißt „Au revoir, Tegel“. Die RAZ sprach mit der Autorin Bettina Kerwien.

Ihr neues Buch ist erschienen. Es handelt sich dabei um einen Kettenroman mit unterschiedlichen Autoren. Was ist das Besondere daran?

Das Besondere an dieser Reihe ist, dass die Kommissare in dem seit 1910 von verschiedenen Autoren alle zwei Jahre fortgesetzten Kettenroman allesamt Mitglieder der Polizisten-Familie Kappe sind. Mein aktueller Kappe-Krimi spielt im Jahr 1974. Als Hintergrund für den ungewöhnlichen Mord dient der damals gerade neu eröffnete Flughafen Tegel. Als eine Leiche auf dem Kofferband ihre Runden dreht, übernimmt ein nagelneuer Kommissar die Ermittlungen: der studierte Diplompsychologe Peter Kappe, Sohn des bekannten Kommissars Otto Kappe. Der Roman spielt an zahlreichen Schauplätzen im Norden und Westen Berlins.

Wie sind Sie auf Tegel als Schauplatz gekommen?

Mein Vater arbeitete von 1969 bis 1991 als Elektromechanikermeister auf dem Flughafen. Er hat mich als kleines Mädchen immer mitgenommen, wenn er nach Feierabend wegen eines Notfalls nochmal rausmusste.

Es ist ja nicht Ihr erstes Buch. Wie kamen Sie zum Schreiben?

Ich bin hauptberuflich Geschäftsführerin bei stabotec in der Breitenbachstr. 14. Das Unternehmen stellt mittlerweile seit mehr als 100 Jahren überwiegend Theater-Bühnenteile in Stahlbauweise her, wir bauen aber auch Gestelle, Geländer oder Treppen. Als ich 2005 Geschäftsführerin wurde, habe ich mich zum Ausgleich bei der Volkshochschule zum Schreibkurs Writer’s Coaching angemeldet. Ich hatte Publizistik und Amerikanistik studiert und zeitweilig auch für den Nord-Berliner gearbeitet.

Wovon handelt Ihr zweiter Roman?

Der zweite und dritte Roman hängen zusammen. „Märzwinter“ ist der erste Teil einer Kriminalgeschichte rund um den Privatdetektiv Martin Sanders und seinem Schwarm, die Escortdame Liberty Vale. Die beiden ermitteln in verschiedenen Fällen zusammen. Diese beiden Figuren habe ich mir nach meinem Herzenswunsch ausgedacht, und sie liegen mir auch heute noch besonders am Herzen. Dieser erste Roman spielt überwiegend in Moabit und handelt von politischen Intrigen. „Mitternachtsnotar“ heißt das dritte Buch. Auch hier sind Sanders und Vale ein Team. Den Hintergrund bilden die Vorfälle in der Siedlung am Steinbergpark. Hier wurden ja Häuser an einen Investor verkauft und alte Menschen plötzlich Mieterhöhungen von 500 Prozent konfrontiert. Das hat mich nicht mehr losgelassen, und das dramatische Thema habe ich im dritten Roman verarbeitet. Im Mittelpunkt hierbei steht der plötzliche Tod des fiktiven Investors und seines Hausmeisters.

Wie kommen Sie nun dazu, als Autorin für den Kettenroman zu agieren?

Als Horst Bosetzky gestorben ist, trat Dr. Jaron vom Jaron Verlag an mich heran, ob ich in dieser Romanreihe den 33. Teil schreiben würde. Dieser betrifft das Jahr 1974 Das war eine Herausforderung, denn durch die vielen Jahre, in der es diese Reihe schon gibt, gibt es auch sehr viele Fans, die quasi schon auf das nächste Buch hinfiebern.

War es schwierig, dass die Hauptpersonen schon vorgegeben waren?

Nun ja, ich musste mich natürlich in der Familie Kappe gut auskennen. Figurenermittlung und Familienstammbäume musste ich mir anschauen und einprägen. Allerdings hatte ich es etwas leichter, denn bei mir steht der Sohn von Otto Kappe im Mittelpunkt. Zeitgeschichte spielt in der Reihe eine große Rolle, und ich habe als Ort des Hauptgeschehens den Flughafen Tegel gewählt. Im Herbst 2018 wurde alles besprochen, und dann habe ich das Manuskript im Mai abgegeben.

Wo schreiben Sie?

Normalerweise schreibe ich am Küchentisch, zurzeit einhändig mit meinem Hund auf dem Arm. Tipps hole ich mir immer noch von der VHS-Gruppe, zu der ich nach wie vor gehe.

Wie geht es jetzt weiter?

Nachdem nun „Au revoir, Tegel“ erschienen ist, habe ich gleich den Folgeauftrag erhalten. Ich werde den nächsten Kettenroman schreiben, er wird im Jahr 1976 spielen. Außerdem habe ich nun eine ganze Reihe von Lesungen, zu denen interessierte Reinickendorferinnen und Reinickendorfer gern kommen können.

Danke für das Gespräch.

Interview Christiane Flechtner

 

(erschienen in der Reinickendorfer Allgemeinen Zeitung November 2019)