Frohe Weihnachten …

… und ein tolles Neues Jahr 2017 für alle!

Hier ein kleiner fotografischer Rückblick auf meine literarischen Highlights 2016:

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Ich verstecke mich auf der Leipziger Buchmesse im März 2016 hinter einer Topfpflanze

img-20160309-wa0000Auch im März 2016: Lesung im tollen Veranstaltungsraum der Dorotheenstädtischen Buchhandlung bei Buchhändlerlegende Klaus-Peter Rimpel! Danke!

http://www.dorotheenstaedtische-buchhandlung.de/

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Oktober 2016: Lesung am Originalschauplatz des Berlinkrimis „Märzwinter“: in der Pizzeria Mediterraneo! Ein sehr netter Abend, danke an das ganze Pizzeria-Team für die Chance!

http://030-3975577.de/

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Lesung zum Tag der Bibliotheken am 25.10.16 in der Polizeibibliothek Berlin mit viel Publikum, cooler Deko und selbstgemachtem Buffet, danke an die „Mörderischen Schwestern“ fürs Möglichmachen!

http://www.berlin.de/polizei/service/polizeibibliothek/

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Im August mit Carola Wolff auf dem Edinburgh Book Festival in Schottland, wo mir einer der roten Schirme auf den Kopf fiel – aber sonst war es bombastisch!

https://www.edbookfest.co.uk/

http://carolawolff.weebly.com/

(Thank you for beeing a friend …)

 

 

Babyblues …

 

vermietung_spreeterrasseIch habe ein Buch „fertig“. Hurra! Fertig! – Na ja. Fertig ist halt immer relativ. Und will man eigentlich fertig sein? Ich vermisse meine Hauptfiguren. Martin Sanders?! Bleib bei mir! – Ehrlich, dieser Typ geht mir überhaupt nicht mehr aus dem Kopf. Da hilft nur: weiterdenken. Und da kommt dann eine Ahnung von einem weiteren Anfang heraus, und die geht so:

Blue Curacao, rote Wangen, alte Geschichten in Schwarzweiß. Sanders lehnt am Geländer der Restaurant-Terrasse und schaut auf die Spree. Es ist der Abend des 13. August, Libbys Geburtstag und gleichzeitig »Tag des Mauerbaus«. Genau mit dem für diesen Tag typischen Berliner Gefühl, seine zweite wichtigere Hälfte verloren zu haben, läuft die Geburtstagsparty an Sanders vorbei. Er kann die Haltung und Ausstrahlung eines Bundesjustizministers nicht ablegen, selbst in einem Moment, in dem eher die Spritzigkeit eines Viva-Moderators angesagt wäre. So, wie Viktor sie hat.

Der schöne Viktor von Ribnitz lacht und plaudert und flattert um Libby herum wie ein Stylist um ein Topmodel. Auf dem Hemd unter Viktors Sakko steht: I’m Too Sexy for my Shirt. In diesem Typen faucht der Lebensmut wie ein Bunsenbrenner. Sanders‘ Flamme hingegen flackert herbstlich kalt wie der frühe Sonnenuntergang im Schlammgrau der Spree.

Er lässt Viktor nicht aus den Augen. Vielleicht ist das hier nun endlich der Mann, der Libby mit sich fort reißen wird und in dessen Windschleppe sich Sanders‘ Lebenslicht in kalten Rauch verwandeln wird. Vielleicht. Jedenfalls kann von Ribnitz Discofox, Funkelaugen und dieses Geburtstagslachen, als hätte er zufällig Geld in seiner alten Anzughose gefunden.

Jedes Wort hat Folgen. Jedes Schweigen auch. Das ist Jean-Paul Satre, aber außer einem Schluck Single Malt hat Sanders dem heute abend nichts hinzuzufügen.

Sanders sieht herzzerreißend gut aus. Viktor auch. Ich trink noch ein Glas Sekt, ich hab viel Glück gehabt in den letzten 32 Jahren, es ist eine schöne Party, und die beiden bestaussehenden Männer Berlins sind zu Gast – der eine dunkel, der andere lichtblond. Der wichtigste Unterschied zwischen den beiden ist, dass sich für Sanders das Wort »Lebensgefährtin« von »Lebensgefahr« ableitet, während Viktor mir vor zehn Jahren schon mal einen Heiratsantrag gemacht hat. Und heute abend drei weitere.

 

Impression von der Schreibwerkschau Special am 11. Juli 2016

„Ich bin gerade zurück aus Sao Paulo, im Gepäck zwei Pullen Duty-Free-Chanel fürs Fest …“

dsc_1922Meine arme Hauptfigur, die freche Stewardess Liberty Vale, ahnt noch nicht, was ihr blüht, als es mit dem „Märzwinter“ losgeht. Aber ich ahne: Es wird wieder ein ausgesprochen netter und interessanter Abend in der Humboldt-Bibliothek. Das Publikum ist immer sehr interessiert an den ersten Schritten der „VHS-Erfolgsautoren“ http://www.carolawolff.de, http://www.andersalborg.de, http://www.heike-franke.com und mir. Wir können mit einigen Mythen aufräumen (zum Beispiel, dass Schreiben reich macht oder dass eine Veröffentlichung auf Amazon gut ist für die Verlagssuche). Danke, dass wir wieder in der HuBi zu Gast sein durften! Ich hoffe auf eine Fortsetzung im nächsten Jahr.

 

29.9.16, 19.30 Uhr: Lesung im Restaurant MEDITERRANEO

Märzwinter“ von Bettina Kerwien

Escort-Lady und Privatdetektiv ermitteln im politischen Berlin.
Hochspannung aus der Hauptstadt mit einem packenden Krimi aus Moabit

Berlin 2013, kurz vor Ostern. Eisiges Winterwetter hat die Hauptstadt gepackt und der Frühling scheint noch in weiter Ferne zu liegen. Doch in den politischen Reihen der Regierung geht es heiß her. Die engagierte, aber aufs politische Abstellgleis gestellte Staatssekretärin Julia Steinberg, ist einem unglaublichen Korruptionsskandal bei ihren Kollegen auf die Spur gekommen. Man hat ihr ausschlaggebende Beweise zukommen lassen, die für viele Regierungsvertreter und Viktoria Jung, die Chefin von Managing Global Finance, einem riesigen Software-Konzern, das Ende bedeuten würde. Deshalb muss die brisante Gefahr gebannt werden und Julia Steinberg weg von ihrem Posten. Sie soll in eine Honigfalle tappen. Dazu setzt man die eigenwillige und überaus attraktive ehemalige Flugbegleiterin Liberty Vale, die notgedrungen derzeit bei einem Escortservice arbeitet, auf sie an. Der introvertierte Privatdetektiv Sanders, ein ehemaliger LKA-Beamter mit einer schwierigen Vergangenheit, soll dabei brisante Fotos machen. Doch die harmlose Honigfalle ist in Wirklichkeit ganz anders geplant.

Als Julia Steinberg tot aufgefunden wird, gelten Liberty und Sanders als dringend tatverdächtig und müssen versuchen, ihre Unschuld zu beweisen. Doch nicht nur die Polizei ist ihnen auf den Fersen, ein viel gefährlicherer und zu allem bereiter Gegner Sanders jagt das ungleiche Paar quer durch Berlin.

Die Autorin Bettina Kerwien liest aus Ihrem Moabit-Krimi „Märzwinter“ im Restaurant MEDITERRANEO

Donnerstag, den 29. September 2016 um 19:30 Uhr

Restaurant MEDITERRANEO , Lehrter Straße 27-30, 10557 Berlin

Um Anmeldung zur Platzreservierung wird gebeten unter mediterraneobln@gmx.de oder telefonisch unter +49 30 397 55 77

 

Erfolgsautoren der VHS diskutieren

Montag, 11. Juli 2016, 19.30 Uhr, Humboldt-Bibliothek, Eintritt frei!Schreibwerkschau-Special

Ein Mann mit einer Gabel in einer Welt aus Suppe

Amoralisch

Um es gleich vorwegzunehmen: Vergessen Sie die Kritik im Tagesspiegel, bei der zwischen den Zeilen die Skepsis – oder ist es Unsicherheit, Ungläubigkeit? – hindurchsickert.

Warum nicht einfach mal ein rundes, komplettes Buch vorbehaltlos empfehlen, auch wenn der Autor nicht übersetzt und gar kein Amerikaner ist? Na, immerhin lebt Tobias Radloff laut Verlagsangaben in Belfast, da könnten sich die Kritiker doch mal einen Ruck geben und nicht immer so im Konjunktiv bleiben.

Okay, der coolste Spruch ist der mit der Gabel und der Suppe aus der Überschrift und das ist von Noel Gallagher, aber es ist natürlich unwiderstehlich für einen Autor, sowas zu benutzen. Was wäre die Kultur ohne die Inspiration? Und bau das mal so in den Text ein, dass es natürlich wirkt. Dazu braucht es das, was dieses Buch für mich so speziell macht: einen guten Schluck aus der Pulle der angelsächsischen Erzähltradition, eine elegante Plotführung und eine originelle, stimmige Hauptfigur. Da muss die Populärkultur durchschimmern, um die Figur zu verankern. Selbst Disney’s Lustige Taschenbücher als Observationslektüre halte ich für unverzichtbar.

Noir? Der Ton bleibt den ganzen Text hindurch eher Chandler-noir, also eher hell-schwarz oder besser gesagt: von einem Schwarz, das sich in der Rüstung eines Weißen Ritters spiegelt. Voller Selbstironie. Spielt mit den Hoffnungen der Hauptfigur Spinball. Fängt rasant an, steigert sich rasant, hört rasant auf. Der Spannungsbogen steht wie eine Eins, obwohl zwischendurch neben Action auch reichlich Kaffee getrunken wird. Guter Kaffe, böser Kaffee. Wirklich bewunderswert: Es finden sich federleicht und ganz unlangweilig hingetupfte, trotzdem erstaunlich lange Rückblenden. Die kommen spannnend daher und erhöhen die emotionale Tiefe. Und die hat mich wirklich gepackt. Was für ein trauriger und zugleich cooler Typ, dieser Strasser. Zufällig heißt er Philip mit Vornamen. Na, Sie wissen schon.

Wo sind wir? Ist vielleicht Hannover die Spießerstadt? Man weiß es nicht. Aber dieses Irgendwo-in-Deutschland passt. Und das Ende ist dann noir-noir. Es bleibt nur die Hoffnung auf Integrität, wie es sich gehört.

Und sprachlich? Am Anfang dachte ich noch, eine erste Szene ganz ohne Handlung, nur innerer Monolog, das ist ganz schön dicke Hose. Als ob Herbert Grönemeyer sein Konzert a capella beginnt. Aber Tobias Radloff hält den Ton: „“Arschloch“, sagte sie. Ich hätte gerne etwas erwidert. Aber noch lieber hätte ich Luft geholt.“ Und dieses Character-gedrivene (wie sagt man das auf Deutsch?) verfängt. Ich frag mich zwar zwischendurch mehrfach, ob Strasser nicht vielleicht wirklich der schlechte Detektiv mit viel Pech ist, für den er sich in einem Anfall von dramaturgischer Lamoryanz selbst hält (vor allem, als er das WLAN nicht hackt und der Verena die Pille gibt). Vermutlich. Das muss es auch geben. Aber die Sinnsprüche von Strassers Mentor Kaufhausdetektiv Reitmeier sind mir runtergegangen wie ein Gimlet. Überhaupt:

„Sieh das Positive, hätte Reitmeier gesagt. Wenigstens bist du an der frischen Luft. Ich atmete tief ein und schmeckte die Abgase von einer Million Verbrennungsmotoren. Das Autobahnrauschen wurde lauter, und im Gegensatz zu dem, was die Hippies sagten, klang es definitiv nicht nach Strand.“

Großartig, wenn der Showdown an einem Hosenknopf zu scheitern droht.

Unbedingt empfehlenswert, ein riesen Spaß mit einem plastischen Antagonisten, der eine aktuelle Variante des Verrückten Professors gibt und der eigentlich ja nur die Welt retten will – durch Liebe!

Verlagstext:

Tobias Radloff: Amoralisch

Ein abgehalfterter Privatdetektiv. Eine hübsche Tote. Ein Pharmaentwickler, der mit einem neuen Wirkstoff die Liebe demokratisieren will…
Philip Strasser und seine Detektei haben schon bessere Tage gesehen, doch seit ihn ehemalige Kunden im Internet mit Häme überziehen, ist es nicht leicht, an neue Aufträge zu kommen. So bleibt Strasser nichts anderes übrig, als bei der Pharmafirma Protagen anzuheuern, wo er sich dazu hergeben muss, die Angestellten des Unternehmens zu bespitzeln. Als ihn eines Tages Nina Berger, Sekretärin in der Forschungsabteilung von Protagen, bittet, ihr zu helfen, sie werde gestalkt, ahnt Strasser nicht, dass er seine Ablehnung dieses Jobs schon bald bitter bereuen wird. Keine zwei Wochen nach ihrem Gespräch wird Nina Berger ermordet. Und Strasser ahnt, wer hinter ihrem Tod stecken könnte.
Was sich zunächst liest wie eine spannende Detektivstory, entpuppt sich nach und nach als lakonisch erzählter Biotech-Noir-Roman, in dem die Frage, wie man einen Drogendealer zum Reden bringt, ohne ihm wehzutun, genauso thematisiert wird wie die Kluft zwischen Moral und Fortschritt und das Leben nach dem großen Verrat.

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Buchrezensionen (PDF):

Tagesspiegel   |   Offenbach Post   |   Süd-Ost Journal
Buch-Magazin

Buchtipp im coloRadio Dresden (15.12.15):

http://www.divan-verlag.de/buch/amoralisch.html

Tobias Radloff

Tobias Radloff geboren 1977 in Langen bei Frankfurt, ist Schriftsteller, Musiker und passionierter Kaffeetrinker. Nach Schwarzspeicher, dem einzigen Roman über die Post-Snowden-Ära, der schon vor den Snowden-Enthüllungen erschienen ist, legt er mit Amoralisch seinen zweiten Spannungsroman vor.
Tobias Radloff lebt in Belfast

 

Sie war wieder da: die Schreibwerkschau 2016

10. März 2016, Humboldt-Bibliothek, Berlin-Tegel: 21 Autoren lesen je einen Text mit einer Länge von maximal 3.000 Zeichen, dazwischen spielt die Musik, 100 Leute  schauen gebannt zu. Und das seit sieben Jahren in jedem Frühjahr. Klingt verrückt? Ist aber so. Die Teilnehmer der Volkshochschulkurse von Claudia Johanna Bauer arbeiten in jedem Jahr darauf hin, auf diese drei Minuten im Fokus der Aufmerksamkeit des Publikums auf der Bühne der Bibliothek. Zuerst wird über das Thema abgestimmt (in diesem Jahr war es „Begegnungen“), dann werden Texte hin- und hergemailt, es fließt eine Menge Schweiß und Herzblut, manchmal sicherlich auch etwas anderes.  Heraus kommt Literatur. Kleine Perlen, die schimmern und funkeln. Manchmal vielleicht die Saatkörner für Größeres, manchmal stehen die Texte einfach nur für sich.

Es steckt eine Menge Arbeit in der Schreibwerkschau, die wirklich eine tolle Schau ist. Natürlich – die Autoren sind aufgeregt. Sie sind präsent, die Lesungsaccessoires originell. Ich war glücklich mit der atmosphärischen Wirkung des Schwarzweiß-Fotos eines verwunschenen Gartens, das ich als Kulisse an einer alten tragbaren Filmleinwand befestigt hatte.

Besonders die szenischen Lesungen (diesmal: eine Vernehmung der Kripo mit Handschellen und allem Pi-Pa-Po) sind immer spannend, erinnern an kurze Theaterstücke. Es wird auch viel gelacht, zum Beispiel über die Urberlinerin Frau Buttke, die in diesem Jahr mit einem antiautoritär erzogen Kind in der U-Bahn konfrontiert wird. Oder über die schizophrene Warze „Marleen“ – sie ist wieder da. Nach ein paar Takten Guitarrenmusik  frißt dann ein Oger-Weibchen den lästigen Ex der Ringträgerin.

Aber die Schreibwerkschau nimmt sich auch ernst: Da schleudert das Universum schleudert einem jungen Mann einen Barockspiegel vor die Füsse. Leichen werden gefunden. Eine Mutter stirbt. Sogar ein mittelalter, mittelmüder Privatermittler – bekannt aus meinem Krimi „Märzwinter“ – trifft unverhofft seinen Halbbruder (siehe unten).

Wie in jedem Jahr sind die heiteren oder ergreifenden Texte auch diesmal wieder nachzulesen im kleinen Jahresheftchen, das wir nun noch bis April fertigstellen. Wir haben über die Umschlagfarbe abgestimmt: Es wird gelb sein und EUR 4,50 kosten – sprechen Sie bei Interesse einfach die Autoren an.

Die Schreibwerkschau ist ein Veranstaltung, die aufgrund ihres beachtlichen Niveaus eigentlich einen größeren Rahmen und viel mehr Öffentlichkeit verdient hätte. Mehr Unterstützung auch.

Vielen Dank, Claudia Johanna Bauer, für Deine Mühe. Eigentlich unglaublich, was Du im Laufe der Jahre schon an literarischer Starthilfe gegeben hast. Vielleicht sollte man dafür mal einen Preis stiften, den Preis für literarische Starthilfe. Ich verleihe ihn Dir schonmal vorab.

Liebe Volkshochschule Reinickendorf und Humboldt-Bibliothek – danke, dass wir bei Ihnen zu Gast sein durften.

Und hier der Text, den ich gestern gelesen habe:

Der Zwillingsring

Sich scheiden lassen tut weh. Aber auch nach 20 Jahren wieder am Vaterhaus klingeln ist so schön wie im Frühling sterben. Wenn Sanders sich einfach mit Benzin übergießen und anzünden würde, könnte er eine Menge Nerven sparen. Die Kopie seiner Geburtsurkunde fürs Standesamt bräuchte er dann niemals mehr.
Das Haus, in dem der Vater seine neue Familie hält, ist größer als das, in dem er seine alte zerstört hat. Die Villa liegt in einem Park, dem man die Gleichgültigkeit seiner Besitzer ebenso ansieht wie die Gärtner, die sie kaschieren.
Sanders klingelt. Es summt. Ein Dobermann schießt geifernd um die Hausecke. Sanders drückt das Schloss aus der Falle und wartet.
Die Vögel verstummen. Das Eingangsportal der Villa bleibt zu. Es kommt auch keine Polizeimotorradstaffel angeknattert, schwenkt Wunderkerzen und schmettert »Berliner Jungens, die sind richtig«.
Nur ein Zehnjähriger schlendert um die Hausecke. Er pfeift, der Dobermann wird zur Statue.
Der Junge ist so schmal und dunkel und korrekt gekleidet wie Sanders. Er könnte der Vater sein, nicht nur der Halbbruder.
»Bist du Berend?«, fragt er. Das Gartentor schnappt hinter ihm zu wie eine Lebendfalle.
»Bist du Martin?« Der Junge schaut, als hätte er schon alles gesehen. Er hält sich am Dobermann fest.
»Schönes Wetter zum Draußenspielen«, sagt Sanders. »Gibt es den Buddelkasten noch?«
Berend staunt. Mit einer Handbewegung schickt er den Hund voraus. Durch ein Stechpalmenlabyrinth führt er Sanders zu einer Schaukel, die leer im Wind schwingt. Im Sandkasten daneben blüht das Schadgras.
Sanders setzt sich zu dem Jungen auf die steinerne Umrandung. Sie sehen der Schaukel zu. Der Hund schaut von einem zum anderen.
»Wie heißt er?«, fragt Sanders.
»Wotan«, sagt Berend.
Sanders‘ Fingerspitzen finden den lockeren Stein.
»Magst du Hunde?«, fragt der Junge.
»Unser Vater«, sagt Sanders, »hatte früher eine Hundeallergie. Aber natürlich. Man verändert sich.«
»Wotan passt aufs Haus auf.« Berend lächelt. »Manchmal spielen wir. Papa weiß das nicht.«
»Warte mal.« Sanders kniet vor dem Buddelkastenumrandung. Hinter dem losen Stein findet er die verrostete Blechschachtel.
Das Flügelgewebe der toten Libelle ist zu Sternenstaub zerfallen. Zwischen Klappmesser, Polizeiauto, Streichholzheftchen und einer Schachtel Reval ohne Filter liegt ein Ring.
»Hast du etwa heimlich geraucht?«, haucht Berend.
»Ein Mann kann in einem einzigen Leben sehr viele Fehler machen«, sagt Sanders.
Er nimmt den Ring aus der Schachtel. Es ist ein Silberring, an der Seite funkeln Diamanten.
»Ist das ein Sternbild?«, fragt der Junge.
»Gemini«, sagt Sanders. »Vater hat meiner Mutter den Ring zur Geburt von Philip und mir geschenkt.«
»Philip ist tot?« fragt Berend.
Sanders nickt. Er hält ihm den Ring hin. »Hebst du ihn für mich auf?«
Schon während er spricht, weiß er, es ist besser, sich an einem Dobermann festzuhalten als an einem Ring. Berend nimmt ihn trotzdem. Das Leuchten im Gesicht des Kleinen erinnert Sanders an etwas von Tolkien: Die Welt ist im Wandel.

 

MoabitOnline: Moabit Krimis haben Konjunktur

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Moabit Krimis haben zur Zeit Konjunktur

… und werden auch in Moabit gelesen, verkündet erfreut „MoabitOnline“, das Onlineportal für Neugierige zu Adressen, Infos und Fotos aus dem Stadtteil Moabit. Hier lesen wir:

„Was mag es wohl bedeuten, dass innerhalb der vergangenen 13 Monate vier Moabit Krimis erschienen sind? Natürlich spielen nicht alle ausschließlich in Moabit, einen solch‘ eingeschränkten Aktionsradius mag wohl kaum ein Autor seinen Personen zumuten. Allen gelingt der detailgetreue Bezug auf das Moabiter Straßenleben und seine Menschen. Versteckte Orte, geschichtliche Details, Persönlichkeiten und Institutionen werden recht authentisch geschildert. Und doch könnten diese Kriminalromane unterschiedlicher nicht sein. Bernd Mannhardt, der gleich mit zwei Moabit Krimis vertreten ist und sich am wenigsten in andere Berliner Gegenden verirrt, schreibt eher konventionell und bieder – wie Tatort in Buchform. Die Realität verfremdet der Autor nur wenig, aus Freddy Leck sein Waschsalon wird der von Harry Fleck oder aus dem Bauträger Groth wird Rohe und sein Tätigkeitsfeld in die Altbausanierung im Stephankiez verlagert. Auch ein Moabitblog kommt vor. Jens Anker hat ein äußerst humorvolles Buch geschrieben, der junge Erzähler stolpert selbstironisch von einer Falle in die nächste – fast unfreiwillig wird er aktiv, bliebe wohl lieber Flaneur. Bettina Kerwiens Geschichte dagegen legt ein ungeheures Tempo vor, Action pur. Die beiden Hauptfiguren Liberty Vale und Martin Sanders, die Escort-Lady und der Ex-Polizist, verhalten sich wie Feuer und Eis. Es geht um die große Politik und trotzdem sind die Milieus mit viel Liebe und Detailkenntnis ausgearbeitet.

Doch schauen wir uns die Titel einzeln an:

v.l.n.r. Autor Bernd Mannhardt, Musikerin Petra Schnier – Bild: UMA

Im Februar 2015 schon ist der Moabit Krimi „Schlussakkord“ von Bernd Mannhardt  erschienen. Das Bild zeigt den Autor bei der Lesung in der Arminiusmarkthalle. Er wird dort im April wieder lesen aus seinem neuen Roman „Keimzeit“. Die Arminiusmarkthalle ist Schauplatz des ersten Krimi. Vor der Halle wird ein polnischer Akkordeonspieler erschossen. Der Schuss muss aus einem Fenster des Rathauses Tiergarten abgegeben worden sein. Kommissar Hajo Freisal und seine Kollegin Yasemine Gutzeit müssen vielen Spuren nachgehen. Ist etwa ein Angestellter des Bezirksamts durchgedreht, weil er die schräge Musik nicht mehr ertragen hat? Oder gehört der Täter zu einer Bande von Schutzgeld-Erpressern? Was haben die Markthallen-Betreiber oder die Filmakademie Zelle damit zu tun? Erst allmählich kommt die Wahrheit ans Licht.
Im Herbst 2015 erschien „Schatten über Moabit“ von Jens Anker. Ein angehender Jurist, Robert Beierlein, leistet seine drei Monate Referendariatszeit bei der Staatsanwaltschaft im Moabiter Kriminalgericht ab. Gleich im ersten Satz stürzt Staatsanwalt Strunz von der Empore, fällt ihm in der Eingangshalle vor die Füße und mischt sich auf diese Weise brutal in sein Leben ein: „Die Polizei nennt das Fundort. Ich nenne das eine Schweinerei“, denkt Beierlein und beobachtet das Blut in den Fugen der Bodenfliesen. So distanziert ironisch kann man den Tod beschreiben. Die Leser lernen sowohl das imposante Gerichtsgebäude als auch seine verschiedenen Beamtenmilieus im Verlauf des Buches gut kennen, genauso wie die Umgebung. Klaus-Peter Rimpel und seine Dorotheenstädtische Buchhandlung darf nicht fehlen. Der Plot dreht sich um Intrigen, Wirtschaftsspionage und Pharmaskandale. Lange Zeit tappt der junge Referendar im Dunkeln, unentschlossen, wie weit er sich hineinziehen lassen soll in den Fall, in die ihm übertragene Aufgabe, genervt vom vorgesetzten Oberstaatsanwalt mit Zweifeln am Sinn der eigenen Berufslaufbahn. Die Gedanken an den Fall holen ihn dennoch immer wieder ein, auch in der Freizeit, wenn er mit einem Freund eigentlich abschalten will. Berlin aus der Perspektive der knapp Dreißigjährigen: erst beobachtet er nur die anderen Nachtschwärmer, kommt selbst um einen Alkoholexzess nicht herum, macht die Bekanntschaft einer jungen Frau, die noch eine undurchsichtige Rolle spielen soll. Wer hier wen hinters Licht führt und für die eigenen Interessen missbraucht, bleibt ein verwirrendes Geflecht, das sich erst ganz zum Schluss aufklärt.
Auch „Märzwinter“ von Bettina Kerwien ist bereits im Herbst 2015 erschienen. Das Klima der extrem kalten Tage im März 2013 beeinflusst Stimmung und Handlung. Der Bezirk Moabit als „Hinterhof der Macht“ wird lebendig in einer Geschichte, die sich um die Verflechtung von Politik und Wirtschaft dreht, genauer gesagt um die Beeinflussung internationaler Finanzströme mit Hilfe manipulationsfähiger Computerprogramme. Julia Steinberg, Staatssekretärin der CDU aus dem Finanzministerium, die auf Frauen steht, hat Beweise für Korruption. Mit Hilfe von kompromittierenden Fotos, soll sie unter Druck gesetzt werden und entgeht knapp einem Mordanschlag. Doch einen Tag später ist sie tot – trotz Polizeischutz, und die schlagfertige Escort-Lady Liberty Vale, die für die „Honigfalle“ angeheuert war und über einem türkischen Gemüseladen in der Turmstraße wohnt, wird verdächtigt. Ihr bleibt gar nichts anderes übrig, als mit dem verschwiegenen und abweisenden Privatdetektiv Martin Sanders zusammen zu arbeiten, denn nur gemeinsam können sie ihre Unschuld beweisen und die Hintermänner finden. Das Buch lebt von den beiden intelligenten Hauptfiguren, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Ganz allmählich erst schmilzt die Hülle des Sozialphobikers und er gibt seine traumatische Vergangenheit preis. Eine atemberaubende Verfolgungsjagd durch Berlin beginnt mit Stunteinlage auf der Außenhülle des Fernsehturms am Alex und Showdown in der First-Class-Lounge am Flughafen Tegel.

»Ich habe zwanzig Jahre in Moabit gelebt, in der Emdener Straße«, sagt die Kerwien, die es mittlerweile nach Reinickendorf verschlagen hat. »Ich habe immer noch Heimweh. Außerdem ist es ein großer Luxus, wenn man ohne viel zu recherchieren eine Verfolgungsjagd beispielsweise am Frauenknast Lehrter Straße stattfinden lassen kann. Auch sprachlich verdanke ich Moabit alles. Die einzelnen Figuren haben jeweils ihre spezielle Figurensprache, da wird berlinert oder Kiezdeutsch gesprochen. Besonders der Hauptfigur Liberty habe ich einen speziellen Berlin-Sound mitgegeben – frech, sexy, knallhart aber herzlich.« (Interview mit der Autorin) So verwundert es nicht, dass sogar ein Gespräch über Klara Franke unter ihrem Bild in der Pizzeria Lehrter Straße vorkommt. Diese kleinen Details machen den liebenswerten Lokalkolorit dieser sehr spannenden und temporeichen Kriminalgeschichte aus.

Der neueste Moabit Krimi ist „Keimzeit“ wieder von Bernd Mannhardt ist Ende Februar 2016 erschienen.  Die Handlung bewegt sich zwischen Stephankiez mit der kernsanierten und in Eigentumswohnungen umgewandelten Nummer 61, in die gerade die ersten Eigentümer eingezogen sind, und Beusselkiez mit Rostocker und Sickingenstraße, wo Verdächtige befragt werden, wie auch in der bezirklichen Kunstgalerie an der Turmstraße. Auch die Arminiusmarkthalle ist Treffpunkt der Ermittler Freisal und Gutzeit. Der Tote liegt neben dem „Café Achteck“ am Stephanplatz. Stephan Klein war ein eher erfolgloser Foto-Künstler aus dem Süddeutschen. Streit hatte er nicht nur mit dem Leiter der Galerie wegen deren neuer Präferenz für Konzeptkunst, sondern auch mit den Eigentümern seiner luxussanierten Altbauwohnung. Für kurze Zeit gerät der auch Bauträger Rohe ins Visier der Ermittler. Das Büro des Quartiersmanagements Moabit-Ost erlebt einen Farbanschlag und auf dem lokalen Blog wird erbittert über Gentrifizierung gestritten. Doch warum sowohl der Runde Tisch gegen Gentrifizierung als auch der Blog unter die Aktivitäten des Quartiersmanagements subsumiert werden, bleibt unverständlich.

Wir bedanken uns herzlich beim Autor, dass er drei Exemplare seines neuesten Buches für unser Preisausschreiben zur Verfügung stellt.

Die Bücher:
Bettina Kerwien, Märzwinter. Ein Berlin-Krimi. 2015, Taschenbuch, 312 Seiten, Sutton Verlag GmbH (Leseprobe)
Lesung am 8. März 2016 um 20 Uhr in der Dorotheenstädtischen Buchhandlung, Turmstraße 5 (Eingang Pritzwalker Straße)

Jens Anker, Schatten über Moabit. Kriminalroman. 2015, Broschur, 208 Seiten, Emons Verlag GmbH (Leseprobe)
Rezension in der Welt „Da is Musike drin“ und die ersten Kapitel gekürzt in der Berliner Morgenpost.

Bernd Mannhardt, Schlussakkord. Ein Moabit-Krimi. 2015, Paperback, be.bra Verlag
Bernd Mannhardt, Keimzeit. Ein Moabit-Krimi. 2016, Paperback, be.bra Verlag, (Leseprobe)
Lesung am 1. April 2016 um 19 Uhr in der Arminiusmarkthalle, Arminiusstraße 2-4″

 

Immer, wenn Du denkst, Du weißt schon alles, ….

IMG_0024akommt von irgendwo die Claudia her.

Das ist mein Fazit des gestrigen Tages, den ich am Schäfersee verbracht habe. Dort befindet sich in der Stargardtstraße eine kleine Dependance der Volkshochschule Reinickendorf: eine Stadtteilbibliothek mit angeschlossenen Seminarräumen, die der kühle Charme der angegilbten frühen 70er Jahre durchweht. Bevor Berlin arm, aber sexy wurde, wohnte dort in einer Einliegerwohnung noch ein Hausmeister, der – sich seiner Lebensstellung offenbar sicher – seine Meerschweinchen und Häschen durch den Treppenflur turnen ließ. Die Wände in den Seminarräumen waren so gelb wie die Dritten von Jürgen Klopp. Bei Ostwind brummen alle drei Minuten Jumbos im Anflug auf den Flughafen Tegel so dicht und gleichzeitig langsam über das Gebäude, dass man mit einem Edding „I was here“ auf die Flügel kritzeln könnte, wenn man auf dem Dach eine Räuberleiter machen würde. In der Teeküche stelle ich einmal im Jahr verschämt á la Babyklappe die zu Hause überzähligen oder ungeliebten Kaffeebecher zum Sterben in den Schrank. Seit Jahren gehen alle Frauen dort wie selbstverständlich aufs Herrenklo, denn es gibt nur zwei – ebenfalls gelbliche – Toiletten und selten männliche Seminarteilnehmer. Trotzdem genieße ich die temporäre Abgeschiedenheit jedes Mal. Das ist so eine Art „Spinnerzone“, ein unreglementierter Raum, den man mit seiner Kreativität füllen kann.

Und nun ist es passiert: Es ist alles besser geworden. Es wurde renoviert. Weiße Wände, neue Toiletten. Gleich fühlt man sich irgendwie weniger marginalisiert mit seinem Bildungshunger. Und das zu Recht, denn selbst nach vielen Jahren als Stammkundin bei der VHS lohnt es sich immer wieder, einen Kurs zu besuchen. Ulkigerweise lohnt es sogar, denselben Kurs mehrfach zu besuchen. Das Gedächtnis lässt ja mit dem Alter nach. Und bis man Dinge in sein aktives Repertoir übernimmt, muss man sie schon mehrmals hören.

An diesem Samstag war unser Thema das Lesetraining für die Schreibwerkschau  am 10.03.2016, 19.30 Uhr, Humboldt-Bibliothek: https://www.vhsit.berlin.de/VHSKURSE/BusinessPages/CourseDetail.aspx?id=391140

Natürlich, wer schreiben kann, kann auch lesen. Aber laut lesen? Das ist eine vollkommen andere Nummer. Versteht das Publikum meinen Text? Trägt denn die Stimme überhaupt? Was ist mit der Präsenz des Lesenden? Stimmen Artikulation, Tonfall und Betonung? Lese ich besser im Stehen oder im Sitzen? Habe ich meine Mimik unter Kontrolle? Wie reagiere ich auf einen Fotografen?

Das konnte ich gemeinsam mit den anderen Vortragenden gestern ausprobieren. Feedback und die Eindrücke aus der Gruppe sowie die fachlichen Hinweise von Kursleiterin Claudia Johanna Bauer führten dazu, dass alle Lesenden im zweiten Durchgang schon wesentlich sicherer und stark verbessert auftraten. Ich beispielsweise habe mich neben allem Lampenfieber von dem Fotografen stark verunsichern lassen. Denken Sie mal darüber nach, ob Haar und Jacke sitzen, und intonieren Sie gleichzeitig wie ein Ernst-Busch-Schauspielschüler. Oder „hart“, also zynisch, wie es in meinem Fall der Text verlangt. Na gut, das Papier in der Hand flattert und knattert wie ein Rahsegel am Wind, trotzdem kommt man irgendwie durch. Aber dann fordert das Publikum auch noch, man möge „noch härter“ aber gleichzeitig „ganz emotionslos“ vortragen … Klingt schwierig und war es auch. Besonders spannend: Einige Texte werden im Dialog oder sogar szenisch vorgetragen. So konnte man eine Mordkommission bei der Vernehmung eines Serientäters beobachten, mit Handschellen, Knarre und allem … ja ja, Leute, zur Mordkommission wollen, aber dann nicht mal das Publikum angucken können

Das Üben war somit (nicht nur) für mich unbezahlbar! Danke, liebe Mit-Leser, liebe Claudia und liebe Volkshochschule Reinickendorf für einen sehr spaßigen, lehrreichen Samstag am Schäfersee!

 

Inflagranti erwischt von Tilly Jones …

Über die folgende Rezension des bekannten und beliebten Inflagranti-Books-Blogs von Jack und Tilly Jones habe ich mich besonders gefreut. Erstens, weil man sich hier als Autor immer mit Respekt und Wertschätzung behandelt fühlt. Und dann: Obwohl ich hier mit der Krimi-Handlung nicht die reine Freude auslösen konnte, ist die Rezension ein super Beispiel für die Zugkraft der beiden Hauptfiguren. Liberty Vale und Martin Sanders sind halt der Hammer

http://inflagrantibooks.blogspot.de/2016/02/marzwinter-von-bettina-kerwien-rezension.html

Bettina Kerwien, geb. 1967, studierte Amerikanistik und Publizistik an der FU Berlin. Nebenbei schrieb und fotografierte sie für verschiedene Zeitungen. Nach dem Abschluss gründete sie eine Werbeagentur, vermarktete Sportereignisse und gab eine Handball-Fachzeitschrift heraus. Seit 2004 ist sie als Geschäftsführerin in einem Stahlbauunternehmen mit dem Schwerpunkt Theatertechnik tätig und widmet sich in jeder freien Minute dem Schreiben von Spannungsliteratur. Bettina Kerwien lebt und arbeitet im grünen Norden Berlins.
Die Berliner Staatssekretärin Dr. Julia Steinberg soll mit kompromittierenden Aufnahmen aus dem Amt gedrängt werden. Doch am nächsten Tag ist sie tot und der Lockvogel, die gutaussehende und schlagfertige Escort-Lady Liberty Vale, eine der Hauptverdächtigen. Nur gemeinsam mit dem eigenbrötlerischen Privatdetektiv Martin Sanders kann Liberty ihre Unschuld beweisen und die Hintermänner der Tat ermitteln. Eine rasante Jagd durch Berlin beginnt.

 

Märzwinter. Winterkalt. Kalt. Was erwartete ich von Märzwinter? Kälte? Winter im März? Heiße Zwischenspiele weil weniger kalte Protagonisten vorhanden waren? Oder erwartete ich, weil ich dachte ich würde die Protagonisten kennen? Irrte ich durch den Märzwinter und erfror letztendlich … oder rette mich Emotionen?

„Märzwinter“. Ein Buch auf das ich gefühlte Jahrzehnte^^ gewartet habe und als es dann bei mir war, traute ich mich nicht, anzufangen, weil ich nicht wollte, dass die Zeit mit Libby und Sanders vorbei ist. Jaja, sowas geht in meinem Kopf vor sich. Irgendwann war die Verlockung so groß, dass ich mich nicht länger wehren konnte und in die Welt von Bettina Kerwien abtauchte. Zu Anfang muss ich vielleicht zwei Dinge klar stellen: Auf dem Cover steht KRIMI! Wer etwas anderes erwartet ist selbst schuld, denn die Leser bekommen genau das, was drauf steht. Einen Krimi.

Dann muss ich leider zugeben, dass ich wirklich Erwartungen hatte. Ich kenne Libby und Sanders von einer anderen Stelle *KLICK* und wieder leider muss ich auch zugeben, dass ich den Roman um die beiden schon in meinem Kopf geschrieben hatte. Anders. Vollkommen anders. Ich hatte Erwartungen, obwohl ich immer wieder sage, dass man das lassen soll. Erwartungen machen ein Buch kaputt. Aber wieder leider, bin ich auch nur ein Mensch und ja… sie waren da, die ollen Erwartungen und ich musste lange gegen sie ankämpfen, bis ich mein altes Bild von Libby und Sanders gegen ein neues eingetauscht hatte. Bis ich in den Kopf bekam, dass es nun mal ein Krimi ist. KRIMI!!! Wer also wie ich Libby und Sanders schon kennt, sollte sich vorab eine Woche immer wieder sagen, dass „Märzwinter“ ein KRIMI ist! Dann steht dem Lesevergnügen nix im Weg. Es fällt mir noch immer schwer, diese Grenze einzuhalten, aber ich werde im Verlauf versuchen, keine Vergleiche zu ziehen. Sollte es passieren, seht es mir nach.

Die Protagonisten sind so unterschiedlich wie Sommer und Winter. Wie Feuer und Eis, wie Mann und Frau. Libby ist der Sommer, das Feuer und eindeutig die Frau. Sie ist laut, verrückt, redet wie ihr der Sinn steht und denkt meistens erst später. Sie ist blond, hat eine große Oberweite und, und jetzt kommts Freunde, sie hat wirklich was im Kopf. Sie ist nicht dumm, aber alle Welt reduziert sie auf ihr Aussehen. Libby will gerne mehr aus ihrem Leben machen, aber wie das manchmal so ist, reicht der Wunsch alleine nicht aus. Manchmal braucht man einen Arschtritt, um hoch zu kommen. Und manchmal braucht es einen Mord.

Ich mochte Libby. Von Anfang bis Ende, und ihre Entwicklung war wirklich klasse. Anfangs noch etwas naiv merkt sie bald, dass ein Mord nun mal ein Mord ist und man den nicht mit Augenklimpern und Sex vom Tisch bekommt.

Sanders ist der Winter, das Eis und durch und durch Mann. Seine Sorgen, seine Probleme, Hilfe annehmen ist was für Schwächlinge. Er regelt das auf seine Art. Er glaubt sofort an Verschwörung, weil sowieso alle gegen ihn sind. Sanders ist verkorkst, aber er weiß es und es ist okay für ihn. Er ist, wie er ist und damit kommt er klar. Und er will niemanden diese Bürde auferlegen, sich mit ihm befassen zu müssen. Auch er macht einen Wandel durch. Niemand ist am Ende von Märzwinter noch der, der er am Anfang war.

Der Krimi, der er nun mal ist, war … mir zu undurchsichtig. Dieses ganze „Bestechungsgeld-Politik-Erpressung-jeder hasst jeden-alle gegen alle-wer steckt hier mit wem unter einer Decke“-Dilemma war seltsam und ich hab nicht immer ganz durchgeblickt. Das gebe ich zu und ich schäme mich nicht dafür. Ich bin kein Krimileser und durch oben erwähnte Erwartungen lag mein Fokus auch die ganze Zeit auf den Protagonisten und ihr Zusammenspiel, als auf dem Fall selber, weswegen ich da auch gar nicht weiter drauf eingehe.

Der Schreibstil von Bettina Kerwien ist gleich geblieben und wie damals schon einzigartig. Jede Figur hat ihre eigene Stimme und das ganze Kapitel ist durch Schreibstil und Erzählung auf diese eine Person angepasst. Die Autorin müsste nicht mal die Namen der Protagonisten erwähnen, denn die könnte man durch den Stil des Kapitels ableiten! Das ist einfach nur grandios!

„Märzwinter“ ist für Krimi-Liebhaber sicherlich ein wirklich klasse Geheimtipp, der sich sehen lassen kann. Einzigartige Figuren, ein fantastisches Setting und ein funktionierender Plot.

Und vielleicht gibt es für Leute wie mich ja dann doch noch die Möglichkeit, Libby und Sanders so zu erleben, wie ich sie kennenlernte.

 

Ganz objektiv… „Märzwinter“ bekommt von mir ganz knappe 4 Marken. Für 3 ist das ganze Drum und Dran viel zu gut, und den 5 stehen meine Erwartungen einfach im Weg.

 

Mord in Bestlage

Mein aktuelles Projekt ist ein weiterer Krimi mit meinen Lieblingsfiguren, der Berliner Escort-Lady Liberty Vale und dem Privatdetektiv Martin Sanders. Die Einleitung steht, und jetzt hat es auch einen Titel: „Mord in Bestlage“.

Das Thema deutet sich da schon an, es geht um einen Immobilienhai, der eine Berliner Kleinhaussiedlung entmieten, luxusmodernisieren und an die Oberen Zehntausend verscherbeln will. Kommt Ihnen das bekannt vor? Ja, das hat leider eine traurige Aktualität hier in der Hauptstadt. Gerade die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit, die Kosten einer energetischen Sanierung auf die Mieter umzulegen, führen vielfach zu Mieterhöhungen in unrealistischen Größenordnungen. Der Grundsatz „Eigentum verpflichtet“ gilt leider überhaupt nicht mehr, selbst bei öffentlichen Eigentümern tritt der Nachhaltigkeitsgedanke in den Hintergrund.

In meinem Text verkauft eine städtische Wohnungsbaugesellschaft eine denkmalgeschützte Kleinhaussiedlung. Danach werden die Bestandsmieter, die ihren Mietvertrag seit 60 Jahren haben, vom neuen privaten Eigentümer mit Mieterhöhungen von 500% konfrontiert. Da bekommt man Mordgelüste? – Genau. Ging mir auch so. Es musste sein: Der Investor muss weg. Bye bye, Immohai …

Hier kommt als kleiner Appetithappen der Prolog, viel Spass damit!
PROLOG

Verflucht

Berlin-Tegel: In den Vorgärten der Kleinhaussiedlung riecht es nach Ofenheizung und schlesischem Apfelkuchen.
Michael Waschke streckt die Hand mit der nächsten Kündigung aus. Seine Hand ist erstaunlich ruhig.
„Ich habe hier eine Zustellung für Sie“, sagt er.
Magda Rausch wischt sich die Hände an der Kittelschürze ab. Sie setzt die Lesebrille auf, öffnet den Umschlag mit ihren dicken roten runzligen Fingern.
Der Himmel über der Siedlung verdunkelt sich. Ein verrotteter Fensterladen knarrt im Wind.
„Heute werde ich Fünfundachtzig“, sagt Magda Rausch mit ihrer Kleinmädchenstimme, während sie die Kündigung auffaltet. „Es gibt Apfelkuchen.“
Es gehört zu Michael Waschkes selbstverständlichen Pflichten, die Geburtstage aller Mieter zu kennen. An Weihnachten überträgt seine Frau die Daten am Küchentisch von einem Apotheken-Kalender in den nächsten.
Magda Rauschs papierene Lider zucken über den Brief. Die alten Augen darunter sind veilchenblau.
»Den Apfelbaum hinterm Haus hat der Otto gepflanzt, als er aus der Gefangenschaft zurückgekommen ist«, sagt sie.
„Bitte unterschreiben Sie hier“, sagt Waschke. Sieht seinen eigenen Opa, wie er plötzlich vor der Tür steht, nach 8 Jahren Sibirien. Die Oma hat es ihm erzählt. Das Zustellprotokoll in der Sache Rausch flattert nervös in seiner Hand.
Magda Rausch zeigt Waschke ihre Goldzähne. »Nichts unterschreibe ich«, sagt sie. „Ich habe den Krieg und die Hitlerei überlebt. Ich habe die Mauer und die Blockade überlebt. Ich habe Otto überlebt. Ich werde auch das hier überleben.“
„Das tut mir wirklich leid.“ Waschkes Stimme ist ihm tief in die Kehle gerutscht. »Die Häuser werden saniert, wissen Sie. Kamin, Swimmingpool, Wintergarten.«
»Deshalb können Sie mich kündigen?«
Waschke kann ihr nicht ins Gesicht sehen. »Nein. Die Gesellschaft kündigt Sie, weil Ihr Garten vollkommen verwildert ist.«
Magda Rausch spuckt vor ihm aus. »Wissen Sie«, sagt sie, »Sie werde ich auch noch überleben.«
Sie schlägt ein Kreuz.
Die Welt dreht sich plötzlich nicht mehr, und Michael Waschke sieht eine veilchenblaue Träne in Extremzeitlupe fallen. In der Träne spiegeln sich die Fassaden der idyllischen Kleinhaussiedlung. Steuern sparen mit Denkmalschutz-Immobilien in Bestlage, hört Waschke seinen Chef siegesgewiss schmettern. Und als die Träne neben den Krokussen auf den Plattenweg klatscht, gerät etwas in Michael Waschke ins Schlingern.
Er sagt noch einmal, dass es ihm leidtut, mehr zu sich selbst und vielleicht auch mehr um ihn selbst, dann geht er, über das Kopfsteinpflaster zwischen den explodierenden Forsythien entlang zu seiner Hausmeisterwohnung. Das Gehen fällt ihm schwer, es ist ihm nie schwergefallen. Michael Waschke schleppt sich entlang der Vorgärten wie ein alter Mann. Er staunt. Wie verwundbar er doch ist.

 

 

Machtfrage: Die Rückkehr der dämonischen Guerilleros

Habt Ihr wirklich geglaubt, dass ich mir das alles nur ausgedacht habe?

Die RAF hat sich 1998 aufgelöst – aber ihre Mitglieder natürlich nicht. Irgendwo sind sie. Was machen sie jetzt, wo ihr Lebensentwurf gescheitert ist? Das ist der Grundgedanke in meinem Buch „Machtfrage“ http://www.amazon.de/gp/product/3839216982?redirect=true&ref_=s9_simh_gw_p14_d0_i1.

Und plötzlich ist das topaktuell:

http://www.welt.de/geschichte/article151189309/Die-dritte-RAF-Generation-schlug-2015-wieder-zu.html

http://www.stern.de/politik/deutschland/raf-terroristen-klette–staub-und-garweg-sind-taeter-des-geldtransporter-ueberfalls-6655534.html

http://www.sueddeutsche.de/panorama/rote-armee-fraktion-dna-spuren-von-untergetauchten-raf-mitgliedern-bei-raubueberfall-gefunden-1.2824178

Interesse an mehr? Hier eine Leseprobe. Meine Hauptfigur ist der ehemalige RAF-Terrorist Michael Glass.

berlin-mitte
mittwoch, 26. august 1998, 22:55 uhr

Die Zeit war gekommen, dass der Tod Michael Glass fand. Der Tod hatte Glass’ Herz lange geschliffen, bis der ihn darin aufnahm. Nun glaubte sich Glass eins mit ihm. Jahrzehnte hatte er sich mit der Illegalität beschieden. Die Genossen mundtot gemacht. Ihnen das Schweigegelübde abgenommen. Glass war überall gewesen. So war er auch in der Nacht anwesend gewesen, in der Martin Landauer sie verraten hatte. Er hatte es toleriert. Ein Fehler. Wer einen Verräter tolerierte, produzierte weiteren Verrat. Glass würde den Fehler korrigieren, falls er lange genug lebte. Zuerst musste er die Strategie der internationalen Bourgeoisie entlarven. Es musste sein. Ein Linker, der Gewalt als politisches Mittel ausschloss, zerfiel zu einer lächerlichen Figur – zu einem friedensbewegten Moralapostel, einer lahmen Ente.
Es war dunkel, und der Widerschein des Feuers glänzte auf dem schwarzen Haar des Michael Glass. In einem großen Ölfass schändete ein Holzfeuer ein Bündel Lumpen. Die Flammen warfen zuckende Schatten an die Wand einer verfallenen Halle.
»Und dann bist du nach Berlin?«
Michael Glass warf seine Tasche in die Ecke, zündete sich eine Selbstgedrehte an, inhalierte tief. Sein Begleiter, fast genauso groß und dunkel, jedoch sehr viel massiger, nahm einen Schluck aus der Bierflasche und ließ sich neben dem Ölfass an den schmutzigen Kacheln heruntergleiten.
»Gab keine Arbeit mehr auf der Werft«, sagte der andere.
Glass setzte sich auch. »Geniales Versteck«, lobte er. Der Boden der alten Lagerhalle war mit Plastiktüten und Müll bedeckt. Es stank nach Urin.
Der Dicke nickte begeistert. »Soll alles abgerissen werden. Dann baun se Luxushütten mit Spreeblick.« Sein Kichern hallte durch den leeren Raum.
Glass kam auf sein Eingangsthema zurück. »Was hast du gelernt?«
»Elektriker«, sagte der Dicke, grinste zahnlos, die Glotzaugen blutversprengt, strich er sich die fettigen Haare aus dem Gesicht. »In Berlin konntest du dir die Jobs aussuchen. Baustelle wollte ich nicht, im Winter zu kalt, im Sommer zu schwer. Hab bei Siemens gearbeitet, als Hausmeister. Mit Dienstwohnung.«
»Nicht übel. Was ist schiefgelaufen?« Das Glimmen der Zigarettenspitze ging gespenstisch, fast zärtlich über Glass’ scharfes Profil.
»Zu viel Durst!« Der Dicke verrenkte sich fast den Hals vor Lachen. »Hab bei einer Nachtschicht den Probealarm verschlafen, da ham sie mich an die frische Luft gesetzt, fristlos. Ohne Arbeit habe ich dann keine Wohnung gefunden. Und ohne Wohnung gibt’s keine Arbeit. Is’n Teufelskreis.« Der Dicke rieb sich den blutadrigen Nasenrücken, stellte sein Bier auf den Boden. »Willste mal sehen?« Er kramte in der Innentasche seiner Jacke, förderte eine abgewetzte Brieftasche zutage. »Hier, meine Frau, wo wir auf Urlaub waren, im Fichtelgebirge. Sah super aus. Solche Titten. Aber Platte machen wollt se nich mit mir.« Er hielt Glass sein Madonnenbild hin.
Der, von Großmut und furchtbarer Sehnsucht angeflogen, sagte: »Alle Achtung« und zeigte auf die Brieftasche. »Die solltest du nicht jedem gleich so unter die Nase halten.«
Der Dicke zog die Schultern hoch. »Is nur Perso, Pappe und ein paar Fotos drin.«
In Glass jubilierte alles. »Du hast ’ne Pappe? Echt? Zeig mal!«
Der Dicke fledderte durch die von seinem Körperfett zum Stapel verleimten Dokumente. »Hier.« Er zog einen grauen Lappen heraus und hielt ihn Glass frohlockend hin. »Hätteste nicht gedacht, wa?«
Gloria in excelsis Deo. Glass drehte das fragile Papier glückstrunken von links auf rechts. »Führerschein, da kannst du doch was draus machen, Mensch«, sagte er. »Musst aufhören zu saufen, dann kannst du Taxi fahren.«
»Lass ma.« Der Dicke nahm ihm das Dokument weg und verstaute es samt der Brieftasche wieder in seiner Jacke. »Der Zug ist abgefahren. Wenn ich noch mal so alt wäre wie du, dann vielleicht. Aber so.«
Glass zog ein Päckchen Tabak aus der Tasche, drehte sich eine neue Kippe. »Wir sind derselbe Jahrgang«, sagte er. »Ich werde auch 49.«
»Du willst mich verarschen!« Der Dicke lachte. Glass feuchtete Zigarettenpapier mit der Zunge an. »Qualmen statt Suff.« Er griff in seine Jackentasche und schien nach seinem Feuerzeug zu suchen. »So bleibst du in Form.«
Der Dicke zog seine verschnapste Nase hoch, rülpste. »Noch’n Bier?«
Glass nickte. Sein Herz schlug dunkel. »Wenn du hast«, sagte er leichthin.
Der Dicke beugte sich vor und sah in die Alditüte. Plötzlich war Glass über ihm. Stahl blitzte. Der Dicke machte eine plumpe Abwehrbewegung, als schlüge er nach einer Fliege – viel zu spät, viel zu langsam, dann fuhr ihm ein Messer durch Kehle und Halsschlagader. Er greinte schwach. Sein Kopf klappte unnatürlich zur Seite, die Augen quollen wild und rollten. Dann schrie er einmal, fast ein furchtbares Lachen. Blasiges Blut schoss aus dem Stumpf seines Halses. Er fiel vornüber auf die Alditüte, verging und lief aus.
Glass trat zurück. Wischte das Messer an seiner Jacke ab. Während er wartete, bis der Dicke in die Alditüte ausblutete, barg er den Boden unter weiteren Tüten. Dann wälzte er den schweren Körper darauf und zog ihn aus. Das fette Schwein stank bestialisch, nach Pisse und Schlimmerem. Obwohl es Sommer war, musste Glass ihm mehrere Lagen Kleidung herunterschneiden. Er warf die Lumpen in das Ölfass. Das Feuer schrie und tanzte dankbar. Glass fand die selig machende Brieftasche. Sogar ein Sozialversicherungsausweis. Unsäglicher Luxus. Bernd Zimmermann also. Ein Name wog so schwer wie der andere. Bernd Zimmermann hatte einen Führerschein, und Michael Glass würde daraus etwas machen.
Als der Dicke nackt vor ihm lag, wand Glass sich aus der eigenen Jacke und warf sie in die Tonne. Ihm war heiß. Er musste sich bewegen können. Das große Klappmesser tanzte in seiner Hand wie das Werkzeug eines Schächters. Trennte den Kopf vom Rumpf. Dumpf bollerte es, als der Schädel auf dem Boden des Ölfasses ins Feuer fiel. Kurz darauf stank es nach verbranntem Haar. Glass zerschlug Arme und Beine an den Gelenken. Das Feuer brüllte gierig, lachte schrecklich, schrie nach mehr. Fettige Schwaden schwangen aus der Tonne. Glass war dankbar für die gottverreckten Fenster und das Loch in der Hallendecke. So zog der Gestank gut ab. Als Glass den Torso in das Fass hievte, goss er Benzin nach. Es gab eine gewaltige Stichflamme, der Bauchspeck riss auf und warf Blasen. Es roch, als sei ihm der Sonntagsbraten missglückt. Glass legte Holz nach und saß still und wartete. Der Rumpf sengte und blubberte und schmorte stundenlang, als müsse erst das Feuer Bernd Zimmermann das Leben abringen. Sein Torso ruderte und krümmte sich, der kopflose Hals bäumte sich auf, die Armstümpfe schwangen, die Wirbelsäule bog sich von rechts auf links. Der Morgen dämmerte bereits, als sie endlich verglühte. Glass sann über die Knochenreste nach. Er stopfte die Alditüten ins Feuer, riesige Plastik-Blutwürste, auf dass es ein letztes Mal schrie. Dann ließ er auch das Feuer sterben.
Als die Tonne kalt genug war, um sie anfassen zu können, rollte Glass sie nach draußen zur Spree. Der Morgen war diesig und kühl, Gott sei Dank, weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Gras wuchs büschelweise aus den Spalten im Beton. Rostige Moniereisen bogen sich gen Himmel. Da stand er nun, Michael Glass, dämonischer Guerillero, und wartete, bis der Wind ablandig blies. In seinem Hirn präludierte ein Choral. Näher zu dir, mein Gott. Glass rollte das Ölfass über die Kaimauer. Der Wind erfasste die Asche des Bernd Zimmermann und verteilte sie im Schutze des Morgennebels unauffällig in der Spree.

 

Begegnungen: Schreibwerkschau 2016

Die Schreibwerkschau der VHS Reinickendorf geht in die 7. Runde! Jedes Jahr im März zeigen die Teilnehmer der Schreibkurse von Claudia Johanna Bauer, was sie können. Und das kann erotisch, abenteuerlich oder poetisch sein. Jeder Text ist nicht länger als 3.000 Zeichen, was einer Lesezeit von etwa 2 Minuten entspricht. Alle Autoren schreiben zu einem Thema, und das lautet in diesem Jahr „Begegnungen“. Die Vortragenden stehen am Lesepult oder sitzen, wandern durch das Publikum – manche verkleiden sich auch, singen, treten zu zweit auf oder machen Musik. In der Pause kann man ein Weinchen und einen kleinen Imbiß verkosten. Und da mittlerweile vier veröffentliche Autoren unter den Teilnehmern sind, gibt es einen Büchertisch mit Werken von:

http://www.karimpieritz.de

http://www.andersalborg.de

http://www.carolawolff.de

und von mir auch!

Klingt immer noch piefig? – Na, da sind wir aber weit von entfernt. Beim letzten Mal wurde sogar live „Stairway to Heaven“ gespielt. Das rockt! Also: Kommen Sie einfach mal vorbei!

Von der Seite der VHS:

„Die Schreibwerkschau bietet eine bunte Mischung. Fatales, Bizarres, Groteskes. Vieles, das einen beim Zuhören berührt. Aber natürlich auch Lustiges. Im freien Vortrag. Als szenische Lesung. Oder mal ganz anders. Immer überraschend. Jedes Jahr noch beeindruckender.
Im Mittelpunkt der literarischen Schreibwerkstätten steht das Erlernen und regelmäßige Training des schriftstellerischen Instrumentariums. Dabei sind viele spannende Kurztexte entstanden. Die Autorinnen und Autoren lesen aus ihrer Produktion.“

Wo? Humboldt-Bibliothek, 13507 Berlin, Karolinenstr. 19

Wann? Do, 10.03.2016, 19:30 – 21:30 Uhr

Eintritt:  3 EUR

https://www.vhsit.berlin.de/VHSKURSE/BusinessPages/CourseDetail.aspx?id=391140

Als Kostprobe hier mein Beitrag vom vergangenen Jahr. Das Thema war 2015 „Tabu“.

Der sexy black guy

Wie lange noch, frag ich.
Regeln Sie Ihre Angelegenheiten, sagt der Arzt.
Ich hab ein Recht auf Frühling in New York, sag ich.
Kann ich nicht verantworten, sagt er.
Ich drück ein bisschen auf die Tränendrüse, und dann geht es schließlich doch irgendwie.
Der Himmel über der Stadt hat dieses rauchige, atlantische Fernblau. Ich lass mich zum Deutsche-Bank-Tower an der Wall Street fahren. Der Typ hinter dem Schalter schaut mich entgeistert an.
»Alles?« fragt er. – Natürlich.
Dann geh ich über den Friedhof der Trinity Church zum Wasser. Die Kirschbäume blühen. Ich steig auf ein Boot der Circle Line. Manhattan vom Wasser. Wenn man’s zum ersten Mal sieht, ist es so atemberaubend unwahrscheinlich wie eine Marskolonie. Wenn man’s zum letzten Mal sieht auch.
Am Battery Park hilft mir ein Herr von Bord. Es gab Zeiten, als Männer mir noch nicht auf die Füße gestarrt und »Lassen Sie mich helfen« gemurmelt haben.
Der Lavendel wogt in den Rabatten zwischen den Parkbänken an der Südspitze Manhattans. Hier legen die Fähren zur Freiheitsstatue ab. Ich komm gern her. Man kann dasitzen und hinaus auf die Inseln, die Statue und den Überseehafen mit seinen Kränen und Containerschiffen schauen. Man kann dem Geschnatter der Landeier aus New Jersey lauschen. Den Straßenkünstlern oder den chinesischen Anglern zuschauen. Ich seh mir jedes Mal eine bestimmte Straßenartisten-Show an. Da gibt’s eine Gruppe von obdachlosen Jungs. Ihr Chef ist der sexy schwarze Typ. Früher ist er immer bei den Bootsstegen an einem Laternenpfahl hochgeklettert, oben ohne, und hat den Touristinnen zugerufen: »Ladies, sehen Sie sich den sexy black guy an!«
Jahr für Jahr hab ich ihn mir angesehen. Zuhause gesagt: Konzertbesuche, Galerien, Lesungen. Mich selbst belogen.
Heute sitzt der sexy Typ mit krummem Rücken neben der Musikanlage. Wartet, bis sich genug Publikum versammelt hat. Dann steht er auf. Seine Haare sind grau. Sein Oberkörper ist immer noch einen Geldschein wert.
»Jetzt werdet ihr was Irres zu sehen bekommen«, ruft er. »Ein schwarzer Typ rennt sehr schnell, und kein Cop ist hinter ihm her!«
Der sexy Typ massiert sich den Rücken. Er sucht drei große Männer aus dem Publikum aus, stellt einen Jungen vor, der gleich einen Salto über sie hinweg machen wird.
»Das läuft so«, sagt er. »Seht ihr was, das ihr mögt – klatschen. Seht ihr was, das ihr nicht mögt – trotzdem klatschen. Seht ihr was, das ihr nicht nachmachen könnt – bezahlt uns dafür.«
Gelächter. Einige Touristinnen verdrücken sich. Ich such in meiner Tasche nach dem dicken Umschlag.
Die Jungs machen Breakdance.
»Ladies«, ruft der sexy Typ. »Gebt uns fünf Dollar – wir lieben euch. Gebt uns zehn Dollar – wir lieben euch mehr. Gebt uns fünfzig Dollar – wir gehen ins Hotel mit euch.«
Dann kreist der Sammelbeutel. Großes Hallo: eine Griechin gibt zwanzig Dollar. Ich steck den Umschlag in den Beutel.
Rhythmisches Klatschen. Der Junge nimmt Anlauf: Tusch, Salto, Applaus. Der sexy Typ macht die Musik aus. Die Touristen zerstreuen sich. Ich geh runter zum Hudson. Hinter Staten Island versinkt die Sonne, dramatisch wie das Finale eines Broadway Musicals.
Dann hör ich den sexy Typen wie verrückt schreien.
Ich stell mir vor, er kauft sich sein eigenes Hotel. Auf dem Land vielleicht.

 

 

Lethem Noir – eine späte Entdeckung

Ich weiß, ich bin spät dran. Zwanzig Jahre zu spät, wenn man es genau nimmt. Denn über die Feiertag habe ich jetzt doch endlich Jonathan Lethems 1994er Debütroman „Gun, with occational music“ beendet. Nicht, dass ich zwanzig Jahre an dem Buch gelesen hätte. Nein. Ich habe Lethem einfach zwanzig Jahre zu spät entdeckt.

Schon während des Lesens dachte ich immer darüber nach, wie man den Titel wohl übersetzen könnte – was Heyne aber schon 1998 genial gelungen ist, auch das deutsche Cover des Buches gefällt mir besser als das des Originals.

„Gun, with occational music“ spielt an der amerikanischen Westküste Anfang des 21. Jahrhunderts. Es ist eine SiFi/Noir-Detective-Story-Crossover-Dystopie wie aus dem Bilderbuch. Den Titel hat das Buch übrigens von einer kleinen Todesmelodie, die von den Schußwaffen gespielt wird, sobald man sie zieht. Eigentlich eine sehr coole Idee für Gewaltprävention: Wie kann man jemand mit etwas erschießen, das „Dum di dum di dum“ spielt, sobald man anlegt?  – Eben.

Inhalt: Die Polizei („inquisitors“) übernehmen die Macht im Staat und die Kontrolle über eine zunehmend von legalen Drogen ruhiggestellte Bevölkerung. Die Hauptfigur des Romans ist Conrad Metcalf, ein ehemaliger Polizist, jetzt Privatdetektiv. Der Mord an Celeste, der Frau eines ehemaligen Klienten, läßt ihn nicht los, obwohl die korrupten Ermittlungsbehörden längst einen Unschuldigen dafür eingefroren haben (in den Knast geht man nicht mehr, man wird tiefgefroren).

Die Polizei bedroht Metcalf und will ihn am weiteren Ermitteln hindern.

„It’s about this case“, I said. „I am supposed to lay off, only the case keeps rubbing up against my ankles and purring.“

Diese und ähnliche Formulierungen lassen einen alten Chandler-Jünger wie mich in Erfurcht erstarren. Der Text ist brilliant. Jede Metapher sitzt.  Der Plot funkelt und glitzert vor absurder Ideen, die sich alle – besonders – leider – die dystopischen – „richtig“ anfühlen. So wurden beispielsweise Tiere einer speziellen Behandlung („evolved“) unterzogen, können aufrecht gehen, sprechen und verhalten sich insgesamt wie Menschen. Der Superböse im Text ist ein Känguru. Als Motto stellt Lethem dem Buch ein Chandler-Zitat voran: „There was nothing to it. The Super Chief was on time, as it almost always is, and the subject was as easy to spot as a kangaroo in a dinner jacket.“ Da kennt sich einer aus, und als geübter Noir-Junky fühle ich mich heimelig, als komme ich über Weihnachten nach Hause und werde von einem lieben alten Freund mit einem Insiderwitz begrüßt.

Das Tollste aber ist die Sprache:

„The building around us was quiet, deathly quiet, and outside my window the night was like a nullification of the existence of the city. But underneath night’s skirts the city lived on. Disconnected creatures passed through the blackness, towards solitary destinations, lonely hotel rooms, appointments with death. Nobody ever stopped the creatures to ask them where they were going – no one wanted to know. No one but me, the creature who asked questions, the lowest creature of them all. I was stupid enought to think there was something wrong with the silence that had fallen like a gloved hand onto the bare throat of the city.“

Erstlingswerke haben oft diese überwältigende Fülle, diese Wucht der Entladung. Lethem aber kommt gleichzeitig technisch so ausgereift daher. Er hat keine Unsicherheit, keine Angst. Er schreibt sicher und geplant voran wie ein alter Plotterhase. Einfach rund und trotzdem nicht vorhersehbar. Wow. Habe meinen Stapel ungelesener Bücher gleich mit Lethems „Motherless Brooklyn“ nachgeladen – mal sehen, ob Lethem auch gut ist, wenn er nicht parodiert. Hoffentlich. Bitte, Gott.

Das Buch regt mich gleich zu drei Plädoyers auf einmal an:

  1. Lesen Sie mehr Debütromane! (Und (liebe VerlegerInnen) drucken Sie mehr neue Autoren!)
  2. Genre-Crossover ist nicht nur erfrischend, es ist schlicht das neue Schwarz.
  3. Wer diesen Text nicht jetzt sofort liest, der sollte 25 Karma-Punkte abgezogen bekommen (Insiderwitz, mehr dazu im Buch). Also los!

Taschenbuch: 288 Seiten, Verlag: Mariner Books; Auflage: Reprint (1. September 2003), Sprache: Englisch, ISBN-10: 0156028972,ISBN-13: 978-0156028974, Größe und/oder Gewicht: 13,5 x 1,8 x 20,3 cm

 

https://en.wikipedia.org/wiki/Gun,_with_Occasional_Music

http://www.amazon.de/Gun-Occasional-Music-Harvest-Book/dp/0156028972

 

 

Ein schwindelfreies Interview …

http://wortgestalt-buchblog.blogspot.de/2015/12/nachgefragt-bettina-kerwien-die-flotte.html?spref=fb

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Hier ein ganz und gar schwindelfreies Interview, das der tolle Wortgestalt-Buchblog mit mir geführt hat. Danke für die Unterstützung! In diesen Zeiten, in denen so viel Texte erscheinen, ist es unendlich wertvoll, wenn jemand den Blick auf ein Buch lenkt, das ihm Spaß gemacht hat. Aber lest selbst:
„Wer nach einem originellen Berlin-Krimi sucht, sollte unbedingt auch einen Blick auf „Märzwinter“ werfen. Die Autorin Bettina Kerwien hat mit diesem Krimi neben einer temporeichen und spannenden Story im Dunstkreis von Politik, Wirtschaft und Korruption vor allem eine zauberhaft kesse Protagonistin mit einer ganz eigenen Erzählstimme entworfen, die dem Krimi einen Berliner Charme verleiht, der authentischer kaum sein kann. Hier entsteht ein Flair irgendwo zwischen Kiez und Metropole, ein Roman wie seine Stadt.
Wer mehr über das Buch erfahren möchte, findethier den Link zu meiner Rezension.

 

„Märzwinter“ ist im Oktober 2015 im Sutton Verlag erschienen, im Februar legte Bettina Kerwien bereits im Gmeiner Verlag mit „Machtfrage“ ihr Debüt vor.
Die Autorin wurde 1967 geboren, studierte Amerikanistik und Publizistik in Berlin und schrieb und fotografierte nebenbei für verschiedene Zeitungen. Nach der Gründung einer Werbeagentur und der Herausgabe der Berliner Handball-Fachzeitschrift ging Bettina Kerwien Ende der 1990er Jahre in die Stahlbaubranche, inzwischen ist sie Geschäftsführerin eines Unternehmens, das sich vorwiegend dem Theaterbau widmet. Dies ist ihr Beruf, das Schreiben aber ist ihr Leben, und Bücher zu lesen ist für sie so essenziell wie das Atmen. Beste Voraussetzungen, um mit großer Leidenschaft Geschichten zu erzählen!
Im folgenden Interview spreche ich mit der Autorin über „Märzwinter“, über Berlin, Raymond Chandler, Recherche in amerikanischen Reiseführern über Berlin und warum eine Autorin manchmal auch schwindelfrei sein muss.

 

Was für einen Krimi wolltest du mit „Märzwinter“ schreiben?
In erster Linie wollte ich einen Text schreiben, dessen Figuren gut entwickelt sind und bei dem die Spannungsbögen sauber stehen. Es hilft natürlich auch immer, wenn der Ort der Handlung ganz attraktiv ist – „Berlin-Krimi“, das ist auch immer ein Verkaufsargument und das habe ich bewusst bedient.
Du bist selbst Berlinerin?
Ja, ich bin in Moabit aufgewachsen und lebe jetzt in Reinickendorf. Ehrlich, Moabit gibt mehr her, jedenfalls was das skurrile Irre angeht, für das Berlin ja so bekannt ist.
Dann hat deine Protagonistin Liberty Vale ihren Alt-Moabiter Charme also auch deinen Wurzeln zu verdanken?
Das ist wohl so. Ich weiß einfach, wie es da langgeht. Besonders dieses Hart-aber-Herzliche findet sich rechts und links der Turmstraße sehr häufig.
Was schwebte Dir bei der Figur der Liberty vor, woher kam die Idee zu diesem Charakter?
Das hat viel mit Raymond Chandler zu tun. Die Figur ist eigentlich der klassischen Femme fatale nachempfunden, die in das Leben irgendeines armen, rechtschaffenen Mannes hinein segelt und es ruiniert. Außer, dass ich das Klischee hier gebrochen habe. Die Frau hat glücklicherweise auch noch Herz und Verstand – eine Frau wie ein Businessplan, einfach zu schön, um wahr zu sein, wie der Detektiv im Buch über sie denkt.
Und dieser Detektiv, Martin Sanders, der hat auch einen Chandler-Einschlag, oder?
Oh ja. Im Gegensatz zu den klassischen Krimis, die ja plot-driven sind, deren Handlung sich also aus der Abfolge der Ereignisse der beiden Handlungsstränge (Ermittlungs- und Vertuschungsstrang) entwickelt, habe ich mich hier bemüht, den dritten Handlungsstrang etwas mehr herauszuarbeiten: den „Privatleben-Strang“. Chandlers Marlowe (einer der ersten Texte, die character-driven waren) hatte ja noch recht wenig Interesse an all den leichten Beuten und Bräuten, die sich ihm freiwillig ins Bett gelegt haben. Das ist hier anders. Und um die größtmögliche Spannung aufzubauen, habe ich die beiden Hauptfiguren ganz gegensätzlich angelegt – offen und extrovertiert versus verschlossen und still.

 

 

Das klingt, als wären Dir das Noir- und Hard-boiled-Genre sehr nahe und vertraut?
Das Noir spielt mit den Hoffnungen der Menschen. Er gaukelt einem vor, am Ende könnte alles gut werden und lässt den Leser dann zerstört zurück. Im Idealfall. Oft wird sogar auf der Ebene des Ermittlungsstrangs am Ende tatsächlich alles gut, aber der Privatstrang … Ich liebe es, wenn Chandler seinen Text mit „… und ich habe sie nie wiedergesehen.“ enden lässt. Das hat etwas sehr Urbanes, Modernes. Ich glaube tatsächlich, das ist ist mir nah. Martin Sanders hat aber vor allem das Melancholische, nicht so sehr das Zynische von einem Noir-Detektiv.
Du hast das in „Märzwinter“ sehr gekonnt in der Stimmung eingefangen, man beobachtet die Szenerie beim Lesen an manchen Stellen wie durch einen sepia-farbenen Filter und fühlt einen Hauch New York und ist trotzdem in diesem kiezigen Berlin. War Dir das wichtig, dass diese Eindrücke beim Lesen entstehen? 
In Vorbereitung des Textes habe ich mich viel mit Reiseführern beschäftigt – insbesondere mit amerikanischen Reiseführern über Berlin. Das ist wichtig, um festzustellen, was Leute mit einer totalen Außenperspektive auf Berlin an der Stadt fasziniert. Herausgekommen ist dabei zum Beispiel das eine Motto des Buches: „Like a plane crash survivor, Berlin embraces the now.“
Und da sind sich Berlin und New York sehr ähnlich. Zugegeben, New York ist mein Hobby. Vielleicht auch, weil sich die Stimmungen in den Städten oft so ähneln. New York kann auch sehr kiezig sein, das Village zum Beispiel, da sitzen abends die Wahrsagerinnen vor ihren Läden und sprechen die Passanten an, ob sie nicht Lust auf eine kleine Sitzung hätten? Dieses Sepia-farbene macht einen Großteil der spannenden Stimmung in beiden Städten aus: Es sind „Frontstädte“, Schwellenorte, da ist etwas in Bewegung. Oft auch in Richtung Vergeblichkeit. Ich wollte beim Leser den Eindruck erzeugen, dass in Berlin hinter der glänzenden Hauptstadtfassade alles möglich ist.

 

Da drängt sich die Frage auf, wie Du insgesamt beim Schreiben deines Romans vorgehst, eher methodisch, recherchierst Du viel, wie entsteht so ein Krimi bei Dir?
Was das Methodische angeht, da könnte ich noch zulegen… Ich mache mir einen groben Plan, ich weiß, was die großen Spannungsbögen sind, plane etwa fünf Szenen vor- und inhaltlich voll aus. Und das Ende muss natürlich jeder Krimischreiber kennen. Oft schneide ich Szenen allerdings noch ineinander oder teile sie, wenn zu viele handlungsrelevante Informationen auf einmal kommen. Bei meinem derzeitigen Projekt (Liberty Vale II) bin ich gerade mit der Einleitung fertig und es drängt mich jetzt unbedingt, das Ende zu schreiben. Das bleibt natürlich nicht so, aber es ist wichtig zu wissen, wo man hin muss. Da kannst Du ganz anders Hinweise streuen. Also methodisch – na ja. Aber ich recherchiere sehr, sehr viel. Ich weiß immer viel mehr über ein Thema und eine Figur, als dann auf dem Papier landet. Ich glaube, das ist wichtig, damit man eine gewisse Tiefe zumindest vortäuschen kann und auch für einen Fachjargon, der ja manchmal erforderlich ist. Auch Experten zu fragen ist wichtig. Leider kenne ich nicht halb so viele Leute, wie ich müsste!

 

Woher kam die Idee, den Krimi im Dunstkreis von Politik, Lobbyismus, Datenmissbrauch und Finanzmarktsmanipulation anzusiedeln?
Das Thema von „Märzwinter“ schließt an das Thema meines ersten Buches an – es geht mir, glaube ich, immer mehr oder weniger um Machtmissbrauch. Und hier in Berlin sitzen wir ja in der ersten Reihe. Seit dem Bankenskandal im Jahr 2000 ist mir erstmal so richtig bewusst geworden, dass es quer durch alle Institutionen so eine Art „herrschende Klasse“ gibt, und wenn man da erstmal Mitglied geworden ist, unabhängig von Parteibuch oder sonstiger institutioneller oder persönlicher Überzeugung, da wird einem (offenbar) plötzlich klar, dass man das ganz große Los gezogen hat. Dass man sich ja auch festsetzen und erstmal selbst seine Schäfchen ins Trockene bringen könnte. Die Welt verändern kann man dann ja immer noch. Und das vergisst man dann irgendwann und bedient sich nur noch selbst, und so entfremden sich die Politik, die Verwaltung und die Wirtschaft vom „richtigen Leben“ und entwickelt ein Eigenleben. Das regt mich sehr auf, was für eine Verschwendung von Ressourcen! Man wähnt sich im Wilden Westen, es gilt das Recht des Stärkeren. Aktuell löste neben dem Libor-Skandal (Top-Händler aller Großbanken sollen über Jahre die Währungskurse manipuliert und dabei ihre Kunden abgezockt haben) das Buch „Macht und Machtmissbrauch“ von Wilhelm Schlötterer einen besonderen Motivationsschub in mir aus, mich des Themas anzunehmen. Der Steuerfander Schlötterer zeigt die Machenschaften der Clique um Franz Josef Strauß auf. Was würde Strauß heute versuchen, wenn er diese ganz anderen technischen Möglichkeiten hätte, dachte ich.

 

Mit einem großen Konzern, der Software zur globalen Finanzverwaltung zur Verfügung stellt…
Genau. Wahrscheinlich ganz gut, dass wir nicht alles wissen, was tatsächlich läuft. Offiziell ist man in der Politik ja gerade, was Lobbyismus angeht, sehr um Offenheit bemüht. Da gibt es tatsächlich Listen, welche Banken wie oft welche Gespräche mit dem Finanzministerium führen (auf Platz 1 bei der Häufigkeit war die Commerzbank, als ich zuletzt geschaut habe). Was allerdings auch praktiziert wird, ist der im Buch erwähnte Vorgang, dass Ministerien und Konzerne ihr Personal austauschen, damit die Posten Einblicke in die Arbeit der jeweils anderen bekommen. Auch, dass Konzernlobbyisten Gesetzestexte diktieren, soll wohl schon vorgekommen sein …

 

Bester Krimistoff also. Dein erster Roman „Machtfrage“ beschäftigt sich mit ähnlichen Themen?
In der „Machtfrage“ geht es um sehr viele Spielarten von Machtmissbrauch. Einerseits bedient sich ein Brandenburger Staatssekretär aller ihm offiziell und inoffiziell zur Verfügung stehenden Mittel, um sich das Leben schöner zu machen. Andererseits geht es auch um die Macht des Geldes: Das von der RAF geraubte und erpresste Geld wird von einigen Ehemaligen verwendet, um eine Stiftung zu gründen, die sich gegen soziale Ungerechtigkeit engagiert. Macht der Liebe, Macht des Wissens … alles dabei. Das Buch hat allerdings einen ganz anderen, viel ernsthafteren Ton.
Und ist auch bei einem anderen Verlag erschienen als „Märzwinter“, richtig? 
Genau. Der Gmeiner-Verlag wollte den Text für seine Reihe zeitgeschichtlicher Krimis. Das Buch spielt hauptsächlich 1998, ich musste die Handlung extra noch sechs Jahre nach hinten verlegen, damit das passt. Da richtet man sich wohl auch speziell an historisch interessiertes Publikum. Die „Machtfrage“ ist ja erst in diesem Frühjahr erschienen, da kam Gmeiner der „Märzwinter“ wohl etwas zu schnell hinterher.
Wie kam es zu der recht kurzen Folge eines zweiten Krimis auf das Debüt?
Ich habe seit etwa vier Jahren einen Agenten, den unbezahlbaren Elmar Klupsch von BookABook. Als ich ihn kennengelernt habe, war das erste Buch schon so gut wie fertig. Es hat dann noch ein paar Überarbeitungen gebraucht und somit etwa zwei Jahre gedauert, bis sich ein Verlag interessierte. Und als der Vertrag dann da war, sollte es immer noch über ein Jahr dauern bis zur Veröffentlichung. Währenddessen habe ich einfach weitergeschrieben. Ich hatte da schon das neue Thema und vor allem auch die neuen Figuren im Kopf, die einfach nicht still sein wollten. Weil das erste Buch so lange gedauert hat, hätte das zweite es am Ende fast noch überholt. Der Sutton Verlag, der jetzt den „Märzwinter“ gemacht hat, wollte damit ursprünglich schon im Sommer rauskommen. Das haben wir dann aber doch nochmal umdisponiert, denn dann hätte ich für die Werbung von Buch I gar keine Zeit gehabt. Außerdem ist der „Märzwinter“ im Winter wohl besser verkäuflich.

 

Fährst Du dann weiter zweigleisig mit Gmeiner und Sutton, so dass dann jede Art von Krimi sein eigenes Zuhause hat?
Es gibt sicherlich Verlage, die besser für ein Buch sind als andere. Leider ist das überhaupt kein Wunschkonzert. Die Verlage warten ab, wie sich ein Titel verkauft und das muss schnell passieren. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was mit Liberty Vale II passieren wird. Bei Sutton ist derzeit sehr viel im Umbruch. Und Gmeiner? Ich warte auf das Feedback zu den Verkaufszahlen. Jedenfalls ist jedes der beiden Bücher auf eine mögliche Fortsetzung angelegt.
Wäre für dich Self-Publishing eine Alternative?
Darüber habe ich letztens erst mit Karim Pieritz gesprochen, der in seinem eigenen kleinen Berliner Pieritz Verlag seine selbstgeschriebenen Kinderbücher sehr erfolgreich vertreibt. Ehrlich gesagt, ich glaube, da würde mir die Motivation fehlen. Weil ich ja auch noch einen kleinen „Nebenjob“ habe. Ich brauche irgendwie die Anerkennung durch eine professionelle Institution – einen Agenten, einen Verleger -, dass ich einen marktfähigen Text produziert habe. Wahrscheinlich bin ich einfach zu schüchtern für Self-Publishing. Nein, ich könnte das auch zeitlich alles gar nicht leisten. Kann ich ja jetzt schon kaum.
Du arbeitest hauptberuflich in der Baubranche?
Im Stahlbau, ja. Ich bin Geschäftsführerin in einem kleinen Borsigwalder Traditionsunternehmen. Wir bauen nur Einzelfertigung, hauptsächlich im Theaterbau. In Berlin haben wir praktisch in jedem Theater schon etwas umgebaut. Durch den Job komme ich an viele interessante Stellen in der Stadt. So auch außen an den Fernsehturm, wo sich im „Märzwinter“ ja eine Verfolgungsjagd mit Abseilen etc. abspielt. Habe ich echt recherchiert!

 

Und schwindelfrei?
Mittlerweile. Wenn man nicht hysterisch wird, kann man sich an alles gewöhnen. (Das hätte jetzt von Libby sein können.)

Das Interview führte WortGestalt-BuchBlog im Dezember 2015 mit der Autorin Bettina Kerwien.

An Bettina Kerwien als Krimiautorin könnte ich mich übrigens gewöhnen! Und wer eine Faible für echte Berlin-Krimis hat, die mit Charme und Schnauze, dem sei „Märzwinter“ wirklich ans Herz gelegt. Mir würde ja selbiges aufgehen, wenn Liberty Vale und Martin Sanders fest im Ensemble des Berliner Krimizirkus aufgenommen werden würden, die beiden haben sich den Platz verdient. Kesse Lippe, flotte Biene, aber trotzdem Hand und Fuß, das ist beste Krimiunterhaltung nach Berliner Art!“
Nochmals vielen Dank!!!

Die Nacht, die Sterne

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Zur Figurenentwicklung schreibe ich oft kurze Texte, in denen ich ausprobiere, wie sich meine Figuren in einer bestimmten Situation verhalten. Diese Geschichte spielt am Tag vor Heilig Abend, etwa fünf Jahre vor der Romanhandlung des „Märzwinter“. Martin Sanders verkauft sein Haus, und auch sonst geht es ihm nicht gut …

 

Als Polizist kannte er die Statistik zur Häufigkeit und Verteilung von Todesursachen in Deutschland. Die meisten Menschen brachten sich im Sommer in Bayern um. Selbstmord zu Weihnachten in Brandenburg, das war an Originalität quasi nicht zu überbieten.
Martin Sanders sah sich ein letztes Mal in den leeren, kalten Räumen um. Der Rahmen der Küchentür hatte eine winzige Delle dort, wo der Trödler und er im letzten Sommer mit dem unbenutzten Kinderbett angestoßen waren. Die Delle hatte ursprünglich die Form eines Fragezeichens gehabt. Silke hatte ihm Holzspachtel besorgt und auf seinem Platz am Esstisch gestellt, neben seine Post.
Aber im August kam er dann, dieser Tag. Verkehrskontrolle, zuerst nichts besonderes, Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte, plötzlich werden Waffen gezogen. Sanders stürzte in eine Reflexkette, und zum Schluß war Rocco Lorenzo tot. Erst 12 Jahre alt. Schicksal. Ein Unfall fast. Aber Sanders konnte es nicht zurückdrehen. Natürlich. Danach war auch Sanders Leben vorbei. Verflucht war er. Die Familie Lorenzo hatte Blut von Sanders‘ Blut nehmen müssen. Silke war im neunten Monat, als sie es schließlich taten. Seine Frau musste Sanders Rechnung zahlen.
Silke hatte nie verstanden, warum sie danach noch weiterleben musste.
Die haben mir die Seele rausgeschnitten, hatte sie gesagt.
Aber dass du lebst, hatte Sanders gestammelt. Das ist das Wichtigste.
Was weißt du denn, hatte Silke gesagt.
Wenn du willst, gehen wir weg aus Berlin, hatte Sanders vorgeschlagen. Darum gebettelt, fast.
Aber Silke hatte nur gesagt: Dein Chef hat angerufen. Sie versetzen dich eh in den Innendienst. Falls du überhaupt jemals wieder diensttauglich geschrieben wirst.
Ich sorge für dich, hatte Sanders geantwortet. Ich beschütze dich. So oder so.
Zu spät, hatte Silke geschluchzt.
Und Sanders hatte vor ihr gestanden, plötzlich so wertlos wie das Kinderbett es war oder die hellblauen Babyturnschuhe, Größe 19, ein Geschenk von Silkes Schwester.
Der Herbst kam mit Sprachlosigkeit und knochenkalter Feuchte. Sanders‘ Chef rief immer öfter an und besprach Sanders’ Zukunft mit Silke. Wie von selbst riss das Holz des Rahmens der Küchentür weiter und weiter. Wann immer er den Flur betrat, starrte Sanders auf das Holz, als sei es eine Wetterstation, an der er den Zustand seiner Welt ablesen konnte. Zuletzt hatte das Fragezeichen sich zu einem Ausrufezeichen verlängert. Und jetzt ging es ihn nichts mehr an.
Sanders wandte den Blick vom Türrahmen ab, zog den Hausschlüssel aus der Anzugtasche und ließ ihn in die fleischige Hand des Maklers fallen. In diesem Moment starb die Haut auf seinem Körper. Er spürte, wie die Durchblutung stoppte und wie seine Haut zu Wachs wurde, schmierig, glatt und tot.
Der Makler bedankte sich für Sanders Vertrauen. „Das Häuschen verkaufe ich Ihnen im Handumdrehen“, versicherte er. „Sie werden zufrieden sein.“
Sanders war bereits jetzt zufrieden. Er hatte seinen Notgroschen aus dem Tresor im Keller geholt und in einen an Silke adressierten Umschlag gesteckt. Dass er jetzt den Hausschlüssel abgegeben hatte, das war ihm das Wichtigste. Das Haus war bedeutungslos geworden. Kein Ort mehr.
„Kopf hoch, junger Mann.“ Die schwere Maklerhand mit den Siegelringen landete auf Sanders Schulter. „Machen Sie sich das Weihnachtsfest so angenehm wie möglich. Trinken Sie. Gehen Sie unter Menschen. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich spreche.“
Sanders nickte und wünschte dem Mann mit einer Lichtjahre entfernt klingenden Automatenstimme ein frohes Fest. Über den verschneiten Gartenweg ging er zurück zu seinem Wagen. Öffnete und schloss das Gartentor. Als er damals den Riegel an das Tor geschraubt hatte, hatte er ihn extra niedrig angebracht, damit sein Junge ihn leicht erreichen können würde, wenn er erst laufen gelernt hatte. Jetzt saß der Riegel einfach zu tief. Als sei er ein schlechter Handwerker gewesen.
Sanders nahm zum letzten Mal den längst abbestellten Tagesspiegel aus dem Briefkasten und stieg in sein Auto. Er musste einen Postkasten finden, der heute noch geleert wurde, damit Silke morgen an Weihnachten noch den Umschlag mit dem Geld bekam. Danach würde er seine Dienstwaffe im Präsidium abgeben, in seiner neuen Wohnung das Wasser abstellen, dann noch ein paar Zeilen aufsetzen, seine Mutter betreffend. Vielleicht würde Onkel Klaus sie zu sich nehmen. Alles andere würde Silke erben, und gut.
Und dann. Ja. Dann.
Sanders legte die Tageszeitung auf den Beifahrersitz. Er wusste plötzlich nicht mehr, warum er den Wagen starten sollte. Wenn er einfach hier sitzen blieb, würde er heute nacht erfrieren. Er konnte die Zeitung lesen, bis es soweit war.
Draußen lief der Makler vorbei, winkte fröhlich und fuhr davon.
Sanders‘ Haut, die ihm nicht mehr gehörte, schwitzte. Sie klebte tödlich kalt und feucht von innen am Futter seines Wintermantels. Sanders drehte den Rückspiegel so, dass er sein Gesicht sehen konnte. Eine verhärmte Maske, darunter ein verrottender Leichnam. Es war der Nachmittag des Tages vor Heiligabend, und er war ein toter Mann. So klar erkennbar, dass er sich wunderte, warum der Makler nichts weiter gesagt hatte. Aber vielleicht war der Mann einfach nur zu höflich gewesen.
Natürlich, auch sein Chef war ein anständiger Mensch, der einfach nur helfen wollte. Er hatte recht und Silke hatte recht. Sanders hatte viel zu lange darauf gewartet, dass die Dunkelheit aus ihm verschwand. Nun war ihm klar, dass er die Quelle dieser Dunkelheit war. Er wusste, er musste verschwinden. Nur wie?
Sein Blick fiel wieder auf den Tagesspiegel auf dem Beifahrersitz. „Das schwärzeste Schwarz“, titelte die Zeitung. Sanders blieb daran hängen. „Je finsterer die Nacht, umso heller die Sterne“, las er. „Aber wo ist der dunkelste Ort Deutschlands? Ein Forscher hat ihn entdeckt: Es ist Gülpe in Brandenburg, keine 80 Kilometer von Berlin. Nun soll dort der Sternenpark Westhavelland entstehen.“
Sanders schaltete die Innenbeleuchtung des Wagens ein und las den gesamten Artikel. Sein vollständig überflüssiges Atmen schlug sich an der Seitenscheibe als Eiskristallgardine nieder. Um sein Auto herum stieg von Osten die Nacht auf und fiel übers Land. Das fahle Licht des untoten Frosttages scheuchte sie vor sich her.
Eine Nacht ohne Dämmerung kam Sanders plötzlich wie ein Freund vor. Er tippte das Wort Gülpe in das Navi. Es zeigte ihm einen menschenarmen Flecken, gleich neben Orten wie Kotzen und Wassersuppe. Anderthalb Stunden Fahrzeit über schmale, schneeverschlagene Landstraßen. Zeit für einen letzten langen blauen Moment.
Der Wagen sprang an.
Die Nächte in Berlin seien lichtverschmutzt, hatte es in dem Artikel geheißen. Gerade jetzt zu Weihnachten mit Festbeleuchtung und Weihnachtsmärkten seien die Nächte zehnmal heller als noch vor 150 Jahren. Die Nacht sei vom Aussterben bedroht. Nun, Berlin, das war eh vorbei. Es war nicht mehr als eine glühend weiße Lichtglocke in Sanders Rückspiegel, die kleiner und kleiner wurde. Als er bei Rathenow auf das überfrorene Kopfsteinpflaster Richtung Gülper See abbog, verschwand die große Stadt schließlich hinter dem Horizont und erlosch.
Berlin, dachte Sanders, war überhaupt an allem Schuld. Er war nie richtig von Berlin losgekommen. Auch Jahre im Speckgürtel hatten ihm das Urbane nicht austreiben können. Den Kaffee, zum Beispiel. In Berlin hatte man zu jeder Tag und Nachtzeit und an jeder Ecke einen umwerfend aromatischen Caffè americano bekommen können. In Kotzen und Wassersuppe hielten sie Caffè americano wahrscheinlich für eine Schmugglerkneipe aus einem Humphrey-Bogard-Film.
Die Xenonscheinwerfer von Sanders‘ Wagen schnitten wie ein Laserskalpell durch tiefhängende Winternachtswolken. Es würde weiße Weihnachten geben. Es würde einfach sein. Er würde Vollgas geben, der Wagen würde durch das Eis des Gülper Sees brechen. Später würde Schnee fallen. Dann würden die Menschen sich um ihre leuchtenden Gabentische versammeln. Es würde still sein im Sternenpark Westhavelland, bis zum Frühjahr.
Das Schild tauchte unverhofft hinter einer Biege am Straßenrand auf: „Blue Mountain Café, 200 m rechts. Wir machen den besten Kaffee der Welt.“
Er hatte nur ein paar Sekunden für die Entscheidung. Noch einmal einen Kaffee trinken? Vielleicht sogar tatsächlich „den besten der Welt“? Blue Mountain, das war ein Kaffee so mild, dass Sanders ihn vielleicht ertragen würde. Ein Gourmetkaffee aus Jamaika. Kenner hielten ihn für den König der Kaffeesorten. In Sanders Gehirn regten sich Erinnerungen an einen reinen, edlen Geschmack. Als ein Leuchtschild von der Straße auf einen kleinen Parkplatz wies, stellte Sanders fest, dass irgendetwas in ihm heruntergeschaltet und den Blinker gesetzt hatte.
Das Blue Mountain Café war noch geöffnet. In der tiefen Abenddämmerung kam es ihm gemütlich vor, obwohl es nichts war als ein einsames Holzhäuschen, eine Mischung aus Ausflugscafé und Raststätte. Aber es wirkte gepflegt, die Weihnachtsbeleuchtung in den Fenstern dezent. Wieso er den Wagen abstellte und ausstieg, wusste Sanders nicht. Seine Hand drückte die Klinke zur Gaststube. Die wohlige Wärme roch nach Zimtsternen.
Sanders war der einzige Gast. Hinter dem Tresen sah eine Frau auf, als er eintrat. Sie war vielleicht fünfzig, auf selbstverständliche Weise hübsch und rotwangig. Wie machten das brünette Frauen nur, dass ihr Haar so glänzte. Zur Servierschürze trug diese hier einen selbstgestrickten Ringelpullover. Als Sanders fragte, ob er noch einen Blue Mountain bekommen könnte, lächelte sie, und beim Lächeln sah er einen blauen Swarovskistein, der als Verzierung auf einem ihrer Eckzähne klebte.
„Sind Sie von Berlin aus durchgefahren?“ Sie wies auf das Kennzeichen seines Wagens vor dem Fenster.
Er nickte.
„Ich mach uns ein bisschen Musik an“, sagte sie und verschwand in einer kleinen Küche. Kurz darauf sang Chris Rhea leise „Driving Home for Christmas“. Weder das eine noch das andere existiert wirklich, dachte Sanders.
Er setzte sich an einen der Bistrotische, auf denen Kerzen und Tannenzweige lagen, lehnte sich zurück und beobachtete, wie der abschmelzende Schnee rund um seine Budapester dunkle Wasserränder auf den rohen Holzdielen bildete.
Vielleicht waren ihm kurz die Augen zugefallen. Jedenfalls stand die Frau plötzlich neben ihm, in der Hand einen Keramikbecher mit Kaffee. Es roch nach Nebelbergen und Holzaromen.
„Unser Bester“, sagte sie und stellte den Becher vor ihm auf den Tisch. „So mild, und trotzdem weckt er Tote auf.“
Die Frau schob ihm einen Teller mit Keksen hin.
„Dattelkekse“, lächelte sie, zündete die Kerze an und setze sich zu ihm. „Unsere Oma bäckt sie jedes Jahr für die ganze Familie. Sie wird im Frühling 95. Fahren Sie auch nach Hause zum Fest?“
Nein, dachte Sanders. Ich fahre zur Hölle.
Trinken wir drauf.
Er hielt den Keramikbecher mit beiden Händen. Der Kaffeedampf stieg auf wie aus einer Opferschale. Der Blue Mountain war leicht und heiß. Er schmeckte samtig, nach Kakao und weihnachtlich-üppig nach Nüssen und rotem Sandelholz. Sanders vergaß sich selbst.
Er musste ein zufriedenes Gesicht gemacht haben. Die Augen der Frau leuchteten stolz, oder vielleicht war es auch nur das Flackern der Kerzenflamme. Sanders fragte sich, warum diese Frau dort sitzen blieb und ihm beim Kaffeetrinken zusah. Es erinnerte ihn an irgendetwas, etwas Friedliches, längst Vergangenes. Etwas, um das es sich zu kämpfen gelohnt hätte.
Die Frau beugte sich vertraulich vor. »Erstaunlich, nicht wahr? Überhaupt keine Säure. Und wirkt fast wie ein Zaubertrank. Er nimmt die ganze Bitterkeit und …«
Draußen auf dem Parkplatz kam Bewegung in die Dunkelheit. Motorengeräusche, Scheinwerfer flitzten durch die Fenster. Die Tür zum Café flog auf. Ein Windstoß löschte die Kerze.
Die Wirtin sprang auf. Neben dem Tresen erschien ein Mann, grobschlächtig, kräftig, in abgerissenem Parka und Armeestiefeln. Sein rotadriges Bartgesicht glänzte. In der Hand hielt er eine Walther PK.
„Ralf!“ Die Wirtin starrte auf die Waffe. »Nein. Bitte, Ralf, lass das!«
Die Augen des Mannes huschten zwischen Sanders und ihr hin und her. Sein bärtiger Kiefer mahlte. »Schnauze!«, blaffte er.
Sanders stellte seinen Becher ab und stand auf. Er war recht groß, das machte schon mal Eindruck.
Und Ralf war sternhagelvoll, aber seine Waffe hatte er entsichert. Er taumelte einen halben Schritt rückwärts und legte auf Sanders an. Nicht das erste Mal in Sanders Leben, dass jemand ihn abknallen wollte. Nichtmal das erste Mal in diesem Winter. Aber wie sagt man das, ohne allzu gelangweilt zu klingen?
„Gib mir das Ding lieber her.“ Sanders streckte die Hand aus. „Das macht so hässliche Löcher.“
Der Mann klappte den Mund auf. Rissige Lippen, schwarze Zähne und ein Geruch, als sei eine Dose Verdünnung ausgelaufen.
„Inga!“, stieß der Kerl hervor. „Du rückst jetzt sofort die Tageskasse raus. Mach hinne. Hab nicht ewig Zeit. Los, los!“
Sanders spürte, wie sich der Körper der Frau hinter seinen Rücken duckte. Gut.
„Mach keinen Quatsch, Ralf.“ Ingas Stimme war klein und gepresst. „Da ist doch gar nichts drin in der Kasse. So kurz vor Weihnachten. Da kommt doch keiner ins Café.“
„Erzähl kein Scheiß!“, geiferte Ralf. „Hol die Kasse, sonst knallt’s!“
„Ralf, ich …“
Ansatzlos drückte der Typ ab. Die Dielen vor Sanders Schuhen zerplatzten. Die Frau schrie und klammerte sich an seinen Mantel. Sanders staunte wie immer über die Wucht des Knalls.
„Ich mein das ernst, Frau. Kasse her. Is auch mein Geld.“
„Warum haust du nicht einfach ab? Du machst uns allen das Leben zur Hölle mit deiner Sauferei!“, schluchzte Inga hinter Sanders‘ Rücken.
Sanders griff nach hinten, bekam ihre Hand zu fassen. Die war heiß und nass und zuckte vor Panik.
„Deine Frau hat recht“, sagte Sanders. „Mach dich nicht unglücklich. Gib mir deine Waffe. Mit dem Griff nach vorne. Und dann gehen wir alle nach Hause und feiern Weihnachten.“
„Pah!“ Der Typ spuckte aus. „Was weißt du denn! Hab’s vom Parkplatz gesehen. Kommst aus Berlin hier her mit deiner fetten Karre und deinen piekfeinen Klamotten und willst dich an meine Olle ranschmeißen! Hab doch gesehen, wie ihr da so zusammen gesessen habt. Aber nich bei mir, du Arschloch! Ich knall dich ab, verstehste?“
Oh Gott, ja, dachte Sanders. Knall mich ab. Bitte.
Er machte einen Schritt auf den Mann zu, sorgfältig darauf bedacht, Inga mit dem Körper zu decken. Ihr Zittern spürte er durch seinen Mantel.
„Wozu brauchst du das Geld?“, fragte er.
Ralf fuchtelte fahrig mit seiner Walther vor Sanders Gesicht herum. „Maul halten!«, blaffte er. »Ich mach ernst! Hol die Knete, Inga!“
„Scheiß Weihnachten, hm?“ Sanders hob die Hände. „Kein Geld für Geschenke?“
„Hä?“ Ralf zog die Nase hoch. „Fresse halten!“
„Wie war das früher, Ralf? Hast du früher was Schönes zum Spielen für die Kinder besorgt? Und ein Halskette für deine Frau, mit einem kleinen goldenen Herz als Anhänger? Oder Parfüm? Habt ihr Rague Fin gegessen, Oh Tannenbaum gesungen und Händchen gehalten?“
Sanders wunderte sich über seine eigene Fantasie. Seine Kehle schmerzte ein bisschen, aber auch das würde bald vorbei sein.
Ralfs alkoholtrübe Augen wurden groß und größer. Sein Kinn begann zu zittern.
„Was hast du gearbeitet?“, fragte Sanders.
„Geht dich‘n Scheiß an! Inga, komm da weg von dem und hol die Knete!“
„Ich zum Beispiel bin Polizist“, sagte Sanders und ließ das erstmal wirken.
Ralfs Adamsapfel fing an zu hüpfen wie ein Jojo. Sein Wieselaugen flitzten, seine Mundwinkel wurden feucht. Er wischte sich die Nase am Parkaärmel ab.
„Hab ma Tischler gelernt“, sagte er. Zog mit einer Hand eine Taschenflasche hervor und nahm einen Schluck. „Aber hier ist jetzt zappenduster. Gibt keine Arbeit mehr für unsereins. Hier’s jetzt Sternenreservat. Die Macht der Nacht, verstehste? Schluss mit lustig. Astrotourismus. Wenn schon Dunkeldeutschland, dann wollen wir uns das wenigstens bezahlen lassen. Da kommen die alle her, aus Amerika und so, und starren den scheiß Saturn an. Kacken in die Büsche, die Autobässe wummern die ganze Nacht. Is nich lustig.“
„Was sollte lustig sein am Saturn?“
Ralf kam ins Plaudern. „Früher hab ick auch ein Teleskop gehabt. Vom Geld für die Jugendweihe gekauft. Mit Inga im August das Sommerdreieck angeschaut. Das ist schon groß, Mann.“
„Ich hab nur 35 Euro in der Kasse“, schluchzte Inga hinter Sanders Rücken.
„Großer Moment, verstehste, Bulle? Der Himmel wird schwarz, und die Sterne fallen bis zum Boden. Sternschnuppen, wünsch dir watt, det ganze Programm. Für einen Moment weißte nich, wo ist oben und wo ist unten. Hast du schon mal die Milchstraße gesehen, Bulle?“
„Nur die Friedrichstraße.“
„Als hätte man eine Lastwagenladung Diamanten verschüttet“, flüsterte Inga.
„Pass auf. Ralf.“ Sanders‘ Kaffee wurde kalt. Er musste das hier beenden. „Ich habe einen Briefumschlag mit tausend Euro in meiner Manteltasche. Den geb ich dir, und du gibst mir deine Knarre.“
„’nen Tausi?“ Ralfs Augen wurden schmal wie Wundnähte.
Sanders nickte. „Bedingung: Du teilst ihn mit deiner Frau.“
„Scheiße.“ Ralf lacht. „Bist verliebt in se, wa? Willst, dassse versorgt is, wenn ich dich abknalle, wa?“
„Ich greife jetzt ganz langsam in meine Manteltasche und hole den Umschlag raus.“ Sanders demonstrierte Ralf die Leere seiner rechten Hand wie ein Rummelzauberer. Mit Daumen und Zeigefinger ertastete er den Rand des Umschlags und zog ihn aus dem Mantel wie ein magisches Kaninchen.
„Deine Kohle, Ralf. Dein Weihnachten. Und jetzt sicherst du deine Knarre und gibst sie mir. Langsam.“
Ralf passte was nicht. Seine Iris überfror wie ein Dorfteich im Dezember.
„Inga“, befahl Ralf. „Komm hinter dem Bullen vor und nimmt ihm den Umschlag ab. Schau rein und zähl nach.“
„Machen Sie‘s nicht“, warnte Sanders.
Aber sie ist schon da, neben ihm, schnappt sich den Umschlag, reißt ihn auf. „Echt, Ralfi.“ Inga strahlt. „Ist wirklich Geld drin.“ Ihre roten Backen glühen.
Ralfs Waffenarm wird schlagartig gerade und ruhig. Die Mündung schwenkt zwanzig Grad zur Seite, auf die Stirn seiner Frau. Seine Blutaugen loggen das Ziel ein. Sein Zeigefinger wird krumm. Eine Zehntelsekunde zu langsam.
Sanders hat seine Dienstwaffe schon in der Hand, bevor er Inga aus der Schusslinie tritt. Sein Zeigefinger kennt keine Hemmungen, keine mangelnde Routine. Er schießt auf die Beine. Natürlich. Ralfs Oberschenkel knickt weg, der Mann taumelt gegen die Wand, brüllt wie ein Tier. Reißt sein Waffe hoch. Sanders sieht das Mündungsfeuer, spürt den Schlag an der Schulter, bevor es knallt. Holz splittert. Sanders lässt sich fallen, rollt ab. Im Fallen zieht er den Abzug zweimal durch. Ralf reißt Augen und Mund auf. Schaut erstaunt an sich runter, seine Pistolenhand zuckt unkontrolliert. Dann rutscht er langsam an der Wand ab. Zieht einen breiten roten Streifen auf der Tapete. Hustet blasiges Blut. Rudert noch ein bisschen hilflos mit den Beinen, wie sie es immer machen. Sein Parka färbt sich dunkel. Dann tut Ralf seiner Frau einen letzten Gefallen und stirbt ohne weiteres Theater. Seine ganze manische Energie bündelt sich, bebt noch für eine Zehntelsekunde um seinen Körper, dann schießt sie los und trifft Sanders mitten in die Brust.
Sanders presst sich an die Dielen. Ralfs Hass schüttelt ihn so lautlos und explosiv wie eine sterbende Sonne. Mühsam kommt er auf die Beine. Sichert seine Waffe und steckt sie in den Mantel.
Ruhig war es auf einmal. Die Frau – Inga – stand da mit offenem Mund. Atmete. Starrte. Vollkommen leeres Schockgesicht. Hundertmal hatte Sanders Leute so starren gesehen, tränenlos, von der Endgültigkeit gebannt. Die letzten Takte von White Christmas verklangen im Hintergrund: May all your days be merry and bright.
Sanders klopfte sich den Staub vom Mantel. Sein Ärmel war an der Schulter zerfetzt, darunter ein diffuser Schmerz. Nichts, was jetzt eine Rolle spielte.
„Ist er tot?“, fragte Inga so leise, als könne Ralf sie noch hören.
Sanders nickte. „Ich rufe jetzt die Kollegen. Die regeln alles weitere für Sie. Haben Sie jemanden, bei dem Sie heute nacht schlafen können, oder brauchen Sie professionelle Hilfe?“
Inga nickte, schüttelte den Kopf und zitterte dabei so sehr, dass Sanders ihre Zähne klappern hörte. Während er die Nummer des Präsidiums wählte, dachte er, dass jemand diese Frau dringend in den Arm nehmen sollte. Er hätte das selbstverständlich sofort erledigt, aber da war noch dieses winzig kleine Problem, dass er tot war und seine Haut eiskalt.
Der Beamte vom Dienst meldet sich. Sanders forderte eine Mordkommission und die SpuSi an, RTW nicht mehr nötig. Und langsame Anfahrt, bitte. So kurz vor dem Fest. Nein, sagte er, er könne nicht versprechen, dass er hierbleibe, bis die Kollegen eintrafen. Ex-Kollegen. Wie auch immer.
„Ist das wirklich passiert?“, fragte Inga plötzlich. Sie schlang die Arme um die eigenen Schultern.
Sanders hielt den kleinen Finger in seinen Kaffee. Kühl, aber noch trinkbar. Und wirklich keinerlei Bitterkeit.
Sechs Schüsse. Ein Toter. Blut. Ein Umschlag mit Geld. Das hatte was von Realität. Schwer vorstellbar, dass die Nacht vor dem Fest ihm hier eine Tragödie vorgespielt haben sollte. Jemand war tot, und dieser jemand war nicht er. Nun gut.
Sanders nahm einen Keks. „Der Blue Mountain“, sagte er, „war der Lieblingskaffee von James Bond in den Romanen von Ian Fleming, wussten Sie das?“
Inga schüttelte den Kopf.
Er drückte ihr den Geldumschlag in die Hand. „Stimmt so.“
Auf dem Parkplatz war es schwarzdunkel. Der Himmel explodierte mit glitzernden, blinkenden Sternenbändern. Ein Komet, eine Supernova, oder Jupiter und Saturn im Sternbild Fische. Was Sanders von Astronomie wusste, hatte er aus Startrek.
„Der Polarstern“, sagte die Stimme der Frau hinter ihm. Sie zeigte auf einen besonders hellen Fleck dicht über dem Horizont. »Früher dachte ich immer, das ist der Weihnachtsstern. Als ich Ralf das erzählt habe, hat er nur gelacht.«
»Wer zuletzt lacht.« Sanders hob die Schultern. Ein schwaches Echo von Ralfs Bösartigkeit durchstriff ihn. Zwischen den Alleebäumen in der Ferne flackerten die Blaulichter der anfahrenden Funkwagen wie Elmsfeuer.
Die Frau strich sich die Haare aus der Stirn. »Vielleicht sind Sie ja demnächst mal wieder in der Gegend«, sagte sie.
Sanders stieg in den Wagen.
„Gruß an die Oma“, sagte er:
Das satte Geräusch, mit dem die Autotür zufiel, schloss die Welt aus. Sanders steuerte seinen Wagen wie eine Raumkapsel durch eine Nacht aus gefrorenen Sternen, durch eine Antimateriewelt voller Bleimonde, die nichts mehr mit ihm zu tun hatte.
Wie von alleine fand Sanders’ Wagen den Weg Richtung Firmament. Ab Rathenow schmerzte sein Arm nicht mehr. Die Lichtglocke Berlins zeichnete sich als grünliches Leuchten ab, schön wie ein Polarlichtschleier. Fachleute nannten das Airglow, hatte er gelesen. Nur sichtbar, wenn der Himmel dunkel war. Extrem dunkel. Und mit jedem Lichtjahr Dunkelheit, das er zwischen sich und das einsame Café legte, pumpte sein Herz mehr von dieser rohen Energie, diesem Echo des Tötens aus seiner Brust in seine Haut, eine uralte Melange aus Macht, Wagemut, Zufriedenheit.
Im Grunde, dachte Sanders, trauert man ja doch immer nur um sich selbst.

 

Berlin-Krimi mit Charme, Herz und Schnauze!

Am 26. November 2015 habe ich mich besonders über die folgende neue (und meines Erachtens sehr treffende) Rezension des WortGestalt-Buchblogs bei Amazon gefreut:
WortGestalt-BuchBlog
Rezension bezieht sich auf: Märzwinter. Ein Berlin-Krimi. Escort-Lady und Privatdetektiv ermitteln im politischen Berlin. Hochspannung aus der Hauptstadt mit einem packenden Regionalkrimi (Sutton Krimi) (Taschenbuch)

Nicht gleich wieder aussteigen, ich hole ein bisschen weiter aus: Eine für eine bestimmte Jahreszeit eigentlich nicht typische, aber trotzdem mit hoher Wahrscheinlichkeit immer wieder auftretende Wetterlage nennt man in der Meteorologie Singularität, so der Duden. Etwas verhält sich also anders, als es normal wäre, aber es verhält sich so regelmäßig anders, dass es eigentlich schon wieder normal ist. Und dank seiner Regelmäßigkeit auch Namen verdient. Die Eisheiligen zum Beispiel, das ist so eine Singularität. Oder auch der Altweibersommer. Und der Märzwinter, der auch. Ein plötzlicher Kälteeinbruch Mitte März mit Frost. Zuletzt hatten wir das hier in Deutschland 2013, sagt wikipedia. Zu dieser Zeit spielt auch Bettina Kerwiens Krimi, im März 2013, es ist saukalt. Muss also stimmen das mit dem Märzwinter.

Und dieser Märzwinter hält neben bemerkenswert frostigen Temperaturen eine bemerkenswert entzückende Protagonistin bereit: Liberty Vale, und das ist kein Künstlername, das ist Berlin, Schätzchen, da heißen Leute tatsächlich so, ich zitiere: „Du denkst, Künstlername oder jetzt wollen die mich verarschen, aber nein: Berliner sind bloß wild und verwegen. (aus „Märzwinter“, Bettina Kerwien, S. 42). Liberty, Anfang 30, ist ein kluges Mädchen, eine waschechte Berlinerin, Alt-Moabiter Charme, nicht auf den Mund gefallen, in Anbetracht der geltenden Schönheitsideale hitverdächtig und umwerfend und sie hat das Herz auch noch am richtigen Fleck. Und auch genügend Kerzen auf der Torte, um als Jurastudentin den Rechtswissenschaften zu frönen. Als jedoch der Stiefpapa nach einer Auseinandersetzung den Geldhahn zudreht, jobbt Liberty erstmal als Flugbegleiterin und bleibt dort hängen. Zehn Jahre lang. Bis ein, nennen wir es mal „Vorfall“ mit einem Fluggast ihr die Kündigung und eine dicke Schadensersatzklage einbringt und Libby kurzerhand das Angebot annimmt, bei einem Escortservice das nötige Kleingeld für den anstehenden Prozess zu verdienen. Aber sie hat ihre Grundsätze, nur gucken, nicht anfassen! Das passt ihrer Agenturchefin Susi wenig, könnte sie aus dem goldenen Engel doch einen wahren Goldesel machen.

Susi Freund Joachim Jäger, Lobbyist und Berater in Wirtschaftskreisen, hat hingegen ganz eigene Pläne mit Libby. Eine Staatssekretärin soll zu Fall gebracht werden, wer zu viel weiß, muss weg! Libby soll die Dame verführen, ein Privatdetektiv heimlich kompromittierende Fotos schießen und alle sind hinterher zufrieden. Pustekuchen! Die ganze Sache stinkt natürlich zum Himmel, die Verwicklungen reichen bis in oberste Regierungskreise und ein Softwarekonzern, der Programme für die globale Finanzverwaltung zur Verfügung stellt, ist so korrupt wie mächtig, und unentbehrlich für die Bundesregierung. Macht man sich damit erpressbar? Oh ja! Feinde? Unbedingt!

Liberty Vale und der Privatdetektiv Martin Sanders (Ex-Polizist, jetzt ganz Detektiv der alten Schule, man kann ihn sich gut in schwarz/weiß vorstellen) geraten zwischen die Mühlen der Macht, an der Honigfalle schleckt schon der Sündenbock und während Liberty und Sanders versuchen, ihre Hintern zu retten, brennt schon mal ein Tanklaster, zerbirst die ein oder andere Fensterscheibe und verlassen zahlreiche Kugeln den Lauf so mancher Waffe.

„Märzwinter“ ist ein Krimi mit Tempo und Action, ein reichhaltiges Figurenensemble mit den unterschiedlichsten Motiven sorgt für eine sehr agile, sehr lebendige Handlung. Aber es ist auch Platz für die Charaktere, für Zwischentöne, für Zwischenmenschliches, übrigens hier ganz Berlin eben ganz ohne Schmalz, und für Stimmungen. Ab und an weht ein kleiner Hauch New York durch die Straßen Berlins, manchmal flackert die Beleuchtung und aus dem bunten 2013 wird ein sepiafarbenes 1950, so das Kopfkino des Lesers denn mitspielt. Bei mir lief es auf Hochtouren. Zu Beginn muss man sich vielleicht ein wenig eingrooven in den Stil und den Ton, dieser Krimi hat eine ganz eigene Erzählstimme, die kapitelweise aus der Ich-Perspektive Libertys die verbale Keule mit viel Elan schwingt und recht salopp und umgangssprachlich auftritt. Das nimmt man Liberty aber nicht lange übel, im Gegenteil trägt es zur Authentizität bei und relativiert sich in den übrigen Kapiteln.

Fazit: „Märzwinter“ hat Charme, Herz und Schnauze. Es ist ein wildes Spektakel auf Basis einer standfesten Geschichte im Dunstkreis von Wirtschaft, Politik und Korruption. Gekrönt wird die Show mit seinen Figuren und seinem Flair irgendwo zwischen Kiez und Metropole, ein Berlin-Krimi wie seine Stadt.

Bewertung: 82,2 %
Stil: 3/5 | Idee: 4/5 | Umsetzung: 4/5 | Figuren: 5/5 | Plot-Entwicklung: 4/5
Tempo: 5/5 | Tiefe: 3/5 | Komplexität: 4/5 | Lesespaß: 5/5 | = 4,11 Punkte

© wortgestalt-buchblog.blogspot.de

 

Don’t talk, write …

Da lese ich doch soeben die folgenden weisen Worte einer internationalen Bestellerautorin auf Twitter:

„A lot of people talk about writing. The secret is to write, not talk. JACKIE COLLINS“

Falsch, meine ich.

Deshalb mein Angebot: Nehmt an meiner Leserunde auf Lovely Books teil. Es gibt den „Märzwinter“ umsonst, und ich beantworte alle Eure Fragen.

http://www.lovelybooks.de/autor/Bettina-Kerwien/M%C3%A4rzwinter-Ein-Berlin-Krimi-1162567178-t/leserunde/1206204743/1206234021/

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Meine Skizze für die Choreografie einer Actionszene – um welches Berliner Wahrzeichen handelt es sich???

 

Dan Brown ist an allem Schuld

Der Kinderbuchautor und Verleger Karim Pieritz für den Liebster-Award die berühmten 11 Fragen beantwortet: http://www.karimpieritz.de/2015/10/liebster-award-2015/

Ich freue mich sehr, zu den Bloggern zu gehören, die er anschließend seinerseits nominiert hat, seine 11 neuen Fragen zu beantworten.

Info zum Liebster Award – Discover new blogs:

Die Blogger Initiative „Liebster Award“ will tollen Blogs/Autoren zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen. Elf Fragen beantwortet der Nominierte, dann stellt er (oder sie) elf neue Fragen an seine empfohlenen Blogs/Autoren. Eine spannende Aktion, bei der wir die Menschen, die uns online begleiten, besser kennen lernen können.

Das sind die Regeln:

  1. Danke der Person, die dich für den *Liebster Award* nominiert hat, und verlinke ihren Blog/ihre Seite in Deinem Beitrag.
  2. Beantworte die elf Fragen, die Dir gestellt wurden.
  3. Nominiere bis zu elf weitere Blogger/Autoren für den *Liebster Award*. Stelle eine neue Liste mit 11 Fragen für Deine nominierten Blogs/Autoren zusammen.
  4. Schreibe diese Regeln in Deinen *Liebster Award* Artikel, damit die Nominierten wissen, was sie tun müssen.
  5. Informiere Deine nominierten Blogger/Autoren über die Nominierung und Deinen Beitrag.

Hier kommen Karims Fragen und meine Antworten:

1. Wie bist Du zum Schreiben/Bloggen gekommen?

Den Verlauf Deines Lebens kannst Du nur wenig beeinflussen. Den Verlauf der Geschichten in Deinem Kopf kannst Du zu 100% selbst bestimmen. Alles ist möglich. Alles läuft nach Deinen Regeln. Sich Geschichten ausdenken ist kostenlos, Du brauchst nur Dich selbst dafür, es kann Dir niemand verbieten oder wegnehmen. Das hat viel für sich, das Schreiben. Also habe ich irgendwann angefangen und musste auch den einzigen Nachteil kennenlernen: Schreiben macht süchtig. Ich könnte wahrscheinlich nur unter Schmerzen aufhören. Aber muss ich ja nicht.

2. Hast Du eine Inspirationsquelle / Muse?

Ja. Zugegebenermaßen sind das meist interessante Männer, denen – in meiner Phantasie – tragische Dinge passieren und die von einer bombastischen Frau – mir oder so – vor allem Möglichen gerettet werden. Das macht das Leben doch schöner. Außerdem hasse ich Ungerechtigkeiten und Machtmissbrauch. Wenn ich soetwas sehe, will ich auch immer gleich darüber schreiben.

3. Wie wichtig ist Dir das Feedback Deiner Leser?

Das ist mir sehr wichtig, man kann viel davon lernen und meistens macht es auch richtig Spaß. Jedenfalls, wenn es respektvolles Feedback ist.

4. Was reagierst Du bei negativer Kritik (z.B. bei einer RICHTIG bösen 1-Sterne-Rezension)?

Bevor es passiert ist, dachte ich komischerweise, das würde mich total fertigmachen – wütend machen, vor allem. Es war dann aber nicht so. Meine erste Ein-Sterne-Rezension habe ich gelesen und einfach zur Kenntnis genommen. Vielleicht ist das auch ein Zeichen von Überforderung. Der Leser schrieb, mein Buch sei ein totaler Fehlkauf gewesen, er sei nicht in die wirre Story reingekommen, es gäbe zu viele Figuren und zu viele Handlungsort. Ich las das und dachte ich: Na gut, dann ist es so, darum kann ich mich jetzt nicht auch noch kümmern. Letztendlich ist es ja auch so: Man kann es nicht mehr ändern, wenn das Buch draußen ist, ist es draußen.

5. Wie bist Du auf Dein Genre bzw. Blog-Thema gekommen?

Das ist die Schuld von Dan Brown. Ich wollte etwas schreiben, das technisch besser gemacht ist als »Illuminati«, vor allem hinsichtlich der Figurenentwicklung, und bei dem der Spannungsbogen trotzdem so trägt wie bei Brown. Ich bin also offenbar komplett größenwahnsinnig.

6. Kannst Du Dir (als Verlagsautor) vorstellen, Dein nächstes Buch auch selbst zu veröffentlichen bzw. wärst Du (als Self-Publisher) gerne in einem Verlag? Und warum?

Ich bin ja Verlagsautorin und habe noch einen kleinen unbedeutenden Nebenjob. Ehrlich gesagt glaube ich, wenn mich kein Verlag veröffentlichen wollte, hätte ich nicht die Energie, das alleine zu machen. Dabei kommt es mir nicht auf die Marketingarbeit an, die muss man eh selbst machen, sondern einfach auf das Gefühl, dass der Text von einer professionell urteilenden Instanz, einem Verlag, gewollt d.h. als »gut« und marktfähig anerkannt wird. Das finde ich motivierend.

7. Schaust Du täglich nach Deinen Bücher-Verkaufszahlen bzw. Blog-Besucherzahlen?  Und wenn Deine Zahlen sinken – was machst Du dann?

Ich schaue oft nach meinen Verkaufszahlen. Vielleicht so alle drei Tage. Da ich aber keine Ahnung habe, warum oder wie sie beeinflusst werden, bleibt mir nur, mich schlecht zu fühlen, wenn sie sinken. Und das geht schnell. Die Durchlaufzeiten der Buchneuerscheinungen sind absolut erschreckend. Wenn das neue Buch nicht sofort total abgeht, hat es kein halbes Jahr Zeit, den Durchbruch zu schaffen. Das finde ich unrealistisch und inflationär. Damit können Verlage ihre Autoren nur verheizen. Allerdings gibt es eine unüberschaubare Menge von Neuautoren, sodass aktuell wohl kein Nachwuchsmangel besteht. Aber die Qualität? Na ja.

8. Der eBook-Markt ist rückläufig. Wie siehst Du die Zukunft dieses Mediums?

Ich glaube, es wird immer Menschen geben, die – wie ich – nicht mehr wissen, wo sie ihre Bücher hinstellen sollen und die andererseits – ebenfalls wie ich – eigentlich lieber ein analoges Buch lesen, hin- und herblättern, vollkritzeln etc. Somit hat beides seine Berechtigung und ich glaube, es wird künftig beides dauerhaft nebeneinander geben.

9. Wie sind Deine Erfahrungen mit Buchmessen? Zogen Deine Buchverkäufe an? Konntest Du neue Dinge lernen?

Buchmessen sind anstrengend und inspirierend zugleich. Eindrücke aller Art stürzen auf Dich ein. Man trifft Buchleute und quatscht den Branchentratsch durch. Es ist wie eine Fortbildung oder als ob man wieder zurück an der Uni wäre. Es ist nicht möglich, auf den Messen Werbung für Dein Buch zu machen oder spontan einen Agenten oder Verlag anzusprechen. Dafür musst Du bereits im Vorfeld Termine machen, was allerdings bei mir mein Agent übernimmt. Also hat ein Messebesuch keinen Einfluss auf Bücherverkäufe. Du kannst allerdings eine Menge Demut lernen. Es gibt so viel, braucht die Welt Deinen Text wirklich? Die Antwort darauf kann nur sein, dass ich für mich selbst schreibe und eine Veröffentlichung ist nur ein extra Schmankerl, ein Bonus. Das habe ich auf Buchmessen gelernt. Und, dass es vier Jahreszeiten gibt: Winter – Leipzig – Sommer – Frankfurt

10. In welchen sozialen Medien bist Du am aktivsten und warum ausgerechnet dort?

Auf Twitter, weil es für mich am leichtesten zu handhaben ist. Ein großer Fan von social media bin ich nicht. Aber würde ich ohne überhaupt existieren ?

11. Hast Du ein Lieblingsbuch oder Lieblingsautoren und wenn ja, warum dieses bzw. dieser?

Ach je. Also, die Top 3 meiner Lieblingsbücher sind:
1) J.R.R. Tolkien, Der Herr der Ringe
2) Diana Gabaldon, Outlander
3) Martin Cruz Smith, Gorki Park
Dazu stehe ich auf das Gesamtwerk von Raymond Chandler und Charles Bukowski.
Letztendlich sind das wohl irgendwie alles Abenteuergeschichten.
Ich steh auf diese Bücher, weil in den Geschichten viel auf dem Spiel steht. Glück, Hoffnung, Freiheit. So die Basics halt. Und weil die Autoren mir das plausibel und erlebbar machen.

Nochmals danke für deine Fragen, Karim. Leider ist es mir aufgrund mangelnder Erfahrung noch nicht möglich, andere Blogger zu nominieren. Die Teilnahme hat mir trotzdem Spaß gemacht.